Don’t panic!

Holm Friebes “Steinstrategie” ist der clevere und durchweg plausible Gegenentwurf zu den zahllosen “Nimm-es-endlich-selbst-in-die Hand”-Lebensratgebern und Management-Guides. Friebe rät: “Lass es erst mal liegen, bevor du weißt, was du genau damit anfangen willst”. Und führt zahlreiche gute Argumente für eine langsamere Gangart an. In der Summe “eine Lektion in Abwarten und Aussitzen, ein Lob auf die Tugend des Füße-still-halten-Könnens und Kommen-Lassens.”

Wer ruht, überlebt!

Hilfestellung bekommt er aus der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Literatur. Systematisch weist Friebe nach, dass ein krankhafter Aktionismus keinesfalls eine natürliche Verhaltensdisposition ist. Und häufig nicht mal zielführend. Menschen, die sich in entlegenen Regionen dieser Erde verirrt hatten, konnten ihre Überlebenschancen massiv erhöhen, indem sie an Ort und Stelle verharrten, statt dem Impuls zu folgen, wahllos durch die Gegend zu streunen und dabei wertvolle Energiereserven zu opfern.

Die vorschnellen Fehler den anderen überlassen

Es geht aber längst nicht nur um Extremsituation und den nackten Kampf ums Überleben, sondern um eine Alltagsgesellschaft, die unter “einer Art kulturellem oder zivilisatorischem ADHS” leidet. Die Ursachen dafür liegen vielfach im “action bias”, also der “menschlichen Neigung, in unübersichtlichen Situationen aktionistisch zu handeln”, statt abzuwarten. In der Folge kommt es zu sinnlosen Handlungsketten bis hin zum “Erschöpfungsstolz”, dem befriedigenden Gefühl größtmöglicher Überarbeitung.

Eine Erkenntnis, die auch Unternehmen sickern lassen sollten. Statt jedem Trend blindlings hinterherzulaufen, empfiehlt es sich, die Fehler der “early adopters” den Wettbewerbern zu überlassen. Lego beispielsweise setzte vor rund 10 Jahren mit seinem Schwenk zu Computerspielen nicht nur seine Firmenphilosophie aufs Spiel, sondern auch die Umsatzerwartungen. Rechtzeitig hat sich der Spielwarenkonzern wieder auf sein Kerngeschäft konzentriert und die Erfolgsspur wiedergefunden. Mit ruhiger Hand.

Roter Reiter-Fazit: Lässt der Titel “Die Stein-Strategie” ein esoterisches Büchlein oder einen sanften Entschleunigungsratgeber vermuten, so überrascht und begeistert Autor Holm Friebe mit einer profunden Kritik am alltäglichen Hyperaktionismus. Ein kluges Buch, das großes Lesevergnügen bereitet.

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

Holm Friebe: “Die Stein-Strategie”, Hanser 2013

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