Es kommt nicht auf die Größe an. Auch beim Buch nicht. Das hat der streitbare amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt bereits mit seinem 2014 auf Deutsch erschienen Buch „Bullshit“ bewiesen, das, obwohl nicht einmal 50 Seiten „dick“, auf eine große Resonanz stieß. Auch das neue Buch Frankfurts kommt im Bonsai-Format daher. Es  misst nur 10,4 cm in der Breite und 15,3 cm in der Höhe und hat auch nur 107 Seiten, von denen nicht einmal alle beschrieben sind. Und doch: Dieses Buch hat Gewicht. Und das dürfen Sie gleichzeitig als Empfehlung und als Warnung verstehen. Denn dieses Buch – es heißt übrigens „Ungleichheit. Warum nicht alle gleich viel haben müssen“ – können Sie nicht einfach so lesen. Sie müssen es mit Verstand lesen. Wenn Sie das tun und überhaupt Spaß an theoretischen Gedankengängen haben, dann wird Ihnen dieses Büchlein gefallen. Denn es ist ungemein inspirierend. Und wenn Sie am Ende Ihrer Lektüre zu der Erkenntnis kommen, dass Sie die Meinung Frankfurts nicht teilen können, dann schadet das überhaupt nicht.

Sollen alle Menschen dasselbe verdienen und besitzen?

Um was geht´s denn nun? Es geht – wie der Titel schon sagt – um Gleichheit. Beziehungsweise um Ungleichheit. Darum wird ja landauf, landab ein großes Gewese gemacht. Vor allem in finanziellen Fragen. Die einen verdienen viel zu viel, heißt es, die anderen im Vergleich viel zu wenig. Die einen haben viel zu viel, die anderen im Vergleich viel zu wenig. Das sei nicht nur ungerecht, sondern auch moralisch völlig verwerflich, sagen die Vertreter des sogenannten „ökonomischen Egalitarismus“. Die Anhänger dieser Ansicht meinen, kurz gesagt, dass jeder über dieselbe Höhe an Einkommen und Vermögen verfügen sollte.

Der ökonomische Egalitarismus ist ein Denkfehler mit schädlichen praktischen Konsequenzen

Völliger Unsinn, behauptet nun nicht ganz überraschend unser Philosoph aus Amerika.  Ökonomische Gleichheit ist aus Sicht von Frankfurt nicht nur kein moralischer Wert an sich. Sondern ökonomische Gleichheit kann – wenn es als Ziel definiert wird – sogar schädliche Folgen haben. Wichtig ist nicht, dass alle Menschen auf demselben Niveau sind, sondern dass es niemandem schlecht geht. Das macht aus Sicht von Frankfurt durchaus einen Unterschied, vor allem wenn es um praktische und damit politische Konsequenzen geht.

Die größte Herausforderung für Politik und Gesellschaft besteht daher nicht darin, schreibt Frankfurt, dass die Einkommen so vieler Menschen ungleich sind. Die größte Herausforderung besteht darin, dass so viele Menschen arm sind.  O-Ton Frankfurt: „Aus moralischer Perspektive ist es nicht wichtig, dass jeder dasselbe hat. Was moralisch zählt, ist, dass jeder genug hat.“ Das nennt Frankfurt das „Suffizienzprinzip“, welches er dem ökonomischen Egalitarismus entgegensetzt.

Roter-Reiter-Fazit: Ein großartiges Buch! Inspirierend, klar, kurz.

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

Harry G. Frankfurt: Ungleichheit. Warum wir nicht alle gleich viel haben müssen. Suhrkamp, 107 Seiten, 10,00 Euro, ISBN: 3518466615

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