Recht haben – und bekommen

Freitag, November 3, 2023 Arbeitspraxis

„Die Deadline MUSS gehalten werden!“, brüllt der Projektleiter quer über den Tisch. Wir befinden uns in einem Teammeeting, in dem der Fortschritt eines wichtigen Projekts besprochen wird. Alle Beteiligten merken, dass die Leitung unter Druck steht. Das Projekt ist wichtig, aber viele Krankheitsfälle, eine plötzliche Kündigung und Lieferschwierigkeiten führen unweigerlich zu Verzögerungen. Die Deadline kann nicht gehalten werden, was der Projektleiter aber nicht akzeptiert. Die Koordinatorin fasst es ihm gegenüber noch einmal zusammen: „Sie möchten, dass die Deadline gehalten wird, auch wenn dies eine minderwertige Qualität bedeutet und einige Komponenten ausgelassen werden müssen?“ Nein, das könne es nicht bedeuten, entgegnet der Projektleiter.

„Das heißt, Sie möchten die angedachte Qualität und alle angedachten Elemente, obwohl nicht ausreichend Arbeitskräfte vor Ort sind, wir im Rückstand sind und Materialien fehlen?“ Der Projektleiter überlegt kurz, schaut auf und sagt, selbst etwas verblüfft: „Ja.“ „Das bedeutet, dass wir auf externe Unterstützung zurückgreifen müssen und das Budget überschritten wird. Dann können wir die Deadline halten.“ Alle Möglichkeiten liegen nun auf den Tisch, der Kopf des Projektleiters ist nicht mehr hochrot.

Kontrolle gewinnen

Marie-Theres Braun nennt diese Gesprächstechnik den „kontrollierten Dialog“. In ihren Trainings lässt sie Teilnehmende zunächst unkontrolliert über Themen sprechen, die fast immer zu hitzigen Diskussionen führen: Tempolimit auf Autobahnen, Klimawandel, Frauenquote. Auch da sieht sie öfter rote Köpfe. Anschließend lässt sie die Teilnehmenden in einen kontrollierten Dialog gehen. Der Unterschied: „Jeder muss das, was sein Gegenüber gesagt hat, paraphrasieren, also mit eigenen Worten wiedergeben“, so die Rhetorik-Trainerin.

Weil sich die Teilnehmenden nun wirklich zuhören müssen, wird die Situation umgehend ruhiger. „Es reduziert Missverständnisse, es nimmt Spannungen und es zeigt Respekt, denn Sie gehen nicht einfach über das Gesagte hinweg.“ Gleichzeitig kann ein Wiederholen von Aussagen in anderen Worten auch Widersprüche sichtbar machen. So ist unserem Projektleiter aufgegangen, dass die Quadratur des Kreises nicht möglich ist und er an der einen oder der anderen Stelle Abstriche machen muss. 

Mit 28 Gesprächstechniken überzeugen 

Marie-Theres Braun schult und trainiert Menschen, die andere Menschen überzeugen möchten. Ob Interviews, Verhandlungen oder Diskussionsrunden: Sie kennt Techniken, mit denen wir in Gesprächen jederzeit die Zügel in der Hand halten und den Dialog in die richtige Richtung drehen können.

„Dabei geht es nicht darum, anderen mit schlagfertigen Sprüchen zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, sondern darum, ein zugewandtes Gespräch zu führen und andere für den eigenen Standpunkt zu gewinnen, ohne verbrannte Erde zu hinterlassen.“ Damit das gelingt, stellt die Trainerin uns in ihrem Buch „Menschen überzeugen, die Recht haben wollen“ 28 kooperative Gesprächstechniken vor. 

Roter-Reiter-Fazit

Das Buch „Menschen überzeugen“ von Marie-Theres Braun ist ein großer Gewinn: Anstatt den theoretischen Überbau der Gesprächstechniken vorzustellen, zeigt sie anhand von praktischen Beispielen, wie diese wirken – und das überzeugt. 

Marie-Theres Braun: Menschen überzeugen, die Recht haben wollen. 28 kooperative Techniken
Campus Verlag, 2023
247 Seiten, 24 Euro

ISBN 9783593517575

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