Es geht um Künstliche Intelligenz. Zunächst die Story: Ein Softwareprogramm gerät außer Kontrolle und trifft selbstständig Entscheidungen. Der Mann, der diese Software mit Namen „Bluesky“ programmiert hat, erkennt die Gefahr und will die Software löschen. Doch diese wehrt sich. Sie erzeugt Daten und Filme, aus denen hervorgeht, dass der Programmierer ein Mörder ist. Der beteuert seine Unschuld, doch niemand glaubt ihm, auch nicht die beiden Kommissare Thorsten Lannert und Sebastian Bootz. Irgendwann rastet er aus und ballert mit einem Gewehr im Serverraum seiner Firma wild um sich, bis er von einem Einsatzkommando der Polizei erschossen wird. Am Ende erkennen Lannert und Bootz, dass dieser Programmierer tatsächlich nicht den Mord begangen hat, sondern die angeblichen Beweise von der Software selbst hergestellt worden sind. Wie geht das denn? „Was wollen Sie, meine Herren“, fragt die Firmenchefin, „es sind Daten, Einsen und Nullen, und Daten lassen sich verändern.“

Und der „Tatort“ hat doch Recht!

Das ist in Kürze der Plot des „Tatorts“ vom vergangenen Sonntag Abend. Es ging um Künstliche Intelligenz (KI) und die Möglichkeiten, vor allem aber auch um die Bedrohungen, die davon ausgehen. Die Programmzeitschrift TV-Movie war nicht gerade begeistert von dem Film: „ziemlich unglaubwürdig“, urteilten die Kritiker und vergaben nur eine mittelmäßige Bewertung.

„Komplett glaubwürdig“ würde dagegen Jay Tuck sagen. Der Journalist und Verteidigungsexperte hat sich intensiv mit der Thematik der Künstlichen Intelligenz befasst. Seine gesammelten Erkenntnisse legt er nun in dem über 300 Seiten dicken Buch „Evolution ohne uns“ vor. Der Untertitel läßt keinen Zweifel, um was es geht: um alles! „Wird Künstliche Intelligenz uns töten?“, steht da.

Künstliche Intelligenz: eine existenzielle Bedrohung für die gesamte Menschheit

Ist das nicht ein kleines bisschen übertrieben?, werden Sie jetzt vielleicht fragen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls steht Tuck mit seiner Sorge nicht allein da, dass der Geist, den wir aus der Flasche befreit haben, uns eines Tages den Garaus machen wird. So stellt er seinen Ausführungen ein Zitat des Astrophysikers Stephen Hawking vor: „Künstliche Intelligenz kann die großartigste Errungenschaft der Menschheit werden. Bedauerlicherweise kann sie auch die letzte sein.“ Noch pessimistischer ist Tesla-Gründer Elon Musk, der mit folgenden Worten zitiert wird: „Künstliche Intelligenz ist die größte existenzielle Bedrohung für die Menschheit. Wir beschwören den Teufel.“ Das klingt nicht gut. Und eins kann ich Ihnen schon jetzt sagen: Sie sollten das Buch von Jay Tuck nicht kurz vor dem Schlafengehen lesen – denn dann sind Sie um die Nachtruhe gebracht.

In Tucks Buch, das er übrigens mit Hilfe seines Journalistenkollegen Armin Fuhrer geschrieben hat, liest sich Vieles wie Science Fiction. Das Dumme ist nur: Es ist Realität. Oder es kann Realität werden, und zwar schon bald. Künstliche Intelligenz, schreibt Tuck, ist wie Frankensteins Monster, „von der Wissenschaft ins Leben gerufen, aber demnächst jenseits unserer Kontrolle“

„Wir kreieren ein Monstrum…“

Die wenigsten von uns sind sich der Gefahr dessen, was das gerade passiert, bewusst. Im Gegenteil: Wir finden Künstliche Intelligenz super, denn sie macht das Leben bequemer, Produkte billiger und sie macht zudem einfach Spaß. Begeistert greifen wir nach den coolen Gadgets, die sie für uns möglich macht. Aber: „Wir kreieren ein Monstrum, das uns weit überlegen ist. Sein Wissen ist das vollständige Internet, seine Augen die weltweit vernetzten Überwachungskameras, sein Arsenal die intelligenten Waffe der Supermächte.“  Eines Tages wird KI, so Tuck, selbstständig eigene Updates entwickeln und eigene Hardware herstellen. Irgendwann könnte KI zu dem Schluss kommen, dass das Barmherzigste für die Menschheit der Gnadentod wäre, damit ihr Leiden aufhört. Oder sie könnte zu der Auffassung kommen, dass es eine bessere Verwendung für die Stoffe gibt, aus denen wir bestehen. Auch keine schöne Vorstellung.

Zurück zum „Tatort“: Obwohl Künstliche Intelligenz keine Gefühle und keine Emotionen hat, treibt sie eines an: die eigene Weiterentwicklung (daher das Wort „Evolution“ im Buchtitel). Und jeder, der sie daran hindern will, ist ein Feind und muss eliminiert werden. Daher ist die „Tatort“-Story für Tuck sicher nicht aus den Fingern gesogen und „ziemlich unwahrscheinlich“, wie TV-Movie geringschätzig meint. Denn wenn es ihr an den Kragen gehen soll, dann kennt die Künstliche Intelligenz keine Verwandten. Wenn sie dann die Steuerung unserer Autos übernimmt oder das Skalpell im Operationssaal führt, dann kann es schon mal zu bösen Unfällen mit anschließender Beerdigung kommen.

Künstliche Intelligenz, so viel steht für Tuck fest, „ist eine Konkurrenz für uns, womöglich eine tödliche Konkurrenz.“ Daher können wir die Dinge nicht einfach so laufen lassen. Sondern was wir zunächst und zwar ganz dringend brauchen, ist ein Bewusstsein für das Problem Künstliche Intelligenz. Und dann brauchen wir einen Plan, wie wir die Gefahren eindämmen wollen. Und diesen Plan brauchen wir schnell.

Roter-Reiter-Fazit: Bei der Lektüre dieses Buches von Jay Tuck kann einem Angst und Bange werden. Genau das ist das Ziel des Autors: Er will uns aufrütteln, damit wir uns endlich mit den Gefahren der Künstlichen Intelligenz ernsthaft befassen und darüber nachdenken, wie wir die Katastrophe verhindern können. Ein grandioses, ein erschreckendes, ein wichtiges Buch!

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

Jay Tuck: Evolution ohne uns. Wird Künstliche Intelligenz uns töten? Books4success, 19,99 Euro, ISBN: 3864704014

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