Im November 2015 ging am Flughafen Orly in Paris nichts mehr: Aufgrund eines technischen Problems saßen die Passagiere am Flughafen fest, keine Maschine startete. Aber was war das Problem? Eine Computerpanne sorgte dafür, dass die Wetterdaten nicht an die Piloten weitergeleitet werden konnten. Aber es war kein Hack, kein komplexes IT-Problem oder dergleichen – schuld war ein veralteter PC. Der betroffene Computer war rund 23 Jahre alt und lief noch mit dem Betriebssystem Windows 3.1. Für die jüngere Leserschaft: Das ist eine Version vor Windows 95, noch vor Windows XP.

In seinem Buch „Fehler Eins“ mutmaßt Flugkapitän und Sicherheitsmanager Eckhard Jann, dass wohl „Software-Historiker für die Fehlersuche notwendig gewesen wären“. Aber tatsächlich werden bei kleineren und größeren Unfällen nur selten die ursächlichen Fehler aufgedeckt. Erst wenn es zu Katastrophen wie auf der Bohrplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 kommt, durch die die größte Ölpest unserer Zeit ausgelöst wurde, wird nach dem Fehler Eins gesucht. Dort war es ein beschädigter Dichtgummi. Poröse Gummidichtungen waren auch beim Absturz der Challenger-Rakete der Fehler Eins. In seinem Ratgeber bringt Jann Aspekte aus Sicherheitsmanagement, Psychologie und Fehlertheorie zusammen, was einen besonderen Blick auf die Herausforderungen und Chancen einer positiven und effizienten Fehlerkultur in Organisationen zulässt.

Gehen Sie den wirklichen Ursachen auf den Grund

Was aber, wenn es zu Fehlern in der Organisation kommt? Gehen wir diesen nach, dröseln Schritt für Schritt die Fehlerkette auf, um Ursachen aufzudecken – und sie im besten Fall zu beheben? Oftmals nicht. Ist erst einmal der vermeintlich Schuldige oder der PC mit Software-Problem gefunden, wird in der Regel nur dieseroffensichtliche Fehler behoben. Jann zeigt in seinem eindrücklichen Ratgeber, dass dieser Fehler aber selten der Fehler Eins ist, der am Anfang einer Kausalkette steht.

Hinter einer Werbekampagne, die einen desaströsen Misserfolg oder sogar einen Shitstorm nach sich zieht, stehen auch immer (fehlende) Entscheidungen oder Fehler in der Einschätzung und Analyse. Hinter jedem (Betriebs-)Unfall steht zumeist eine unsichtbare Kette an Geschehnissen und Fehlurteilen, die diesen möglich machten.

Wer hier dranbleibt und nachforscht, kann dem Fehler Eins auf die Spur kommen und dann rechtzeitig gegensteuern, um größere (Folge-)Katastrophen zu vermeiden. „Ansonsten kann und wird der gleiche Fehler Eins wieder auftreten“, erklärt Jann. „Er würde sich beim nächsten Mal eine andere Route suchen und zu einem anders gearteten Unfall führen.“ Denn der Fehler Eins ist nicht behoben. Doch beim nächsten Unfall wäre man wieder zufrieden, „wenn der verantwortliche Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen wurde“. Im Falle der Windows-Computer ist man der Fehlerkette etwas weiter nachgegangen und hat weitere Risiken erkannt. Die Computer des Flughafens waren 2015 im Schnitt zwischen zehn und 20 Jahre alt, einige liefen mit alten UNIX-Systemen, andere mit Windows XP. Fehler im Softwaremanagement erkannt, Behebung wurde versprochen. Ein erster Schritt zu einer besseren Fehlerkultur.

 

Roter-Reiter-Fazit


Kleine Handlungen können Großes bewirken: Ein spannendes Buch, in dem Eckhard Jann interessante Einblicke in Untersuchungsmethoden und die logische Fehlertheorie gibt.

Eckhard Jann: Fehler Eins. Alles beginnt aus einem Grund
Vahlen, 2021
225 Seiten, 16,90 Euro
ISBN 978-3-8006-6697-3

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