Als Rachael Robertson zur Leiterin einer Antarktis-Expedition wurde, musste sie sich gleich zwei Erkenntnissen stellen. Zum einen, dass sie sich nicht aussuchen konnte, mit welchen Teammitgliedern sie für mehr als ein Jahr am unwirtlichsten Ort der Welt auf beengtem Raum arbeiten und leben würde. Das Team wurde ihr gestellt, und sie musste schauen, wie es „passt“.

Sie machte sich also auf die Suche nach Gemeinsamkeiten aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Expedition – und fand keine. Das war die zweite Erkenntnis. Sie konnte also nicht auf Harmonie im Team hoffen. Und so entdeckte sie die Kraft des Respekts. In ihrem Buch „Respekt schlägt Harmonie“ stellt sie drei wichtige Säulen der offenen und diversen Kommunikationskultur vor.

Diversität lässt auch unterschiedliche Stimmen zu

Diversität in Unternehmen ist fantastisch. Wo viele verschiedene Menschen zusammenkommen, gibt es auch viele unterschiedliche Perspektiven, Kompetenzen und Ideen. Das Problem an der Sache: „Niemand kann ernsthaft erwarten, dass in einem Team von Individuen, die einzig aufgrund ihrer speziellen Talente und Fähigkeiten ausgewählt wurden, sich alle füreinander begeistern und sich alle über alles einig sind“, sagt Robertson.

Wer Harmonie als Leitprinzip für die Unternehmensführung wählt, wird schnell untergehen. Dazu sind Menschen einfach zu unterschiedlich. Die unbeantwortete Mail, das schmutzige Geschirr in der Teeküche oder das Gefühl, das andere Team mache immer weniger als das eigene – Konflikte schwelen in Unternehmen an jeder Ecke, und irgendwann bricht das Feuer aus.

Nun stelle man sich vor, man befinde sich in der Antarktis, und das Team streitet. Bei minus 80 Grad kann niemand mal schnell vor die Türe gehen, und der Raum, um sich aus dem Weg zu gehen, ist knapp. Rachael Robertson hat trotzdem geschafft, dass die Teamarbeit funktioniert. Ihr Geheimnis: Respekt. In ihrem Buch zeigt sie, dass ein respektvoller Umgang die Basis für ein wertschätzendes Miteinander ist und welche Auswirkungen Respekt auf die Produktivität haben kann.

Unterschiede akzeptieren

Direkte Kommunikation bei schwelenden Konflikten, Selbstführung und keine „Frühstückskriege“, das sind für Rachael Robertson die drei Säulen einer respektvollen Kommunikationskultur. Den „Frühstückskrieg“ kennen wir alle, für jeden von uns trägt er jedoch einen anderen Namen, steckt eine andere Geschichte dahinter.

Die Expeditionsleiterin wurde eines Tages von einem Mitarbeiter gebeten, eine Teamsitzung einzuberufen, um zu klären, wie der Speck gebraten werden würde, wenn am Montag der Koch nicht da sei. Wirklich? Ja. Das eine Team aß nämlich seinen Frühstücksspeck lieber weich, das andere Team den Speck lieber kross. Und der Mitarbeiter war sich sicher, dass diese Angelegenheit von der Chefin geklärt werden müsse, um Streit zu vermeiden.

„Die beiden Teams hatten bereits einige Konflikte über die Nutzung der Fahrzeuge geführt, und nun manifestierte sich das im Frühstückskrieg, in dem beide Seiten überzeugt waren, die eine Seite brate den Speck mit Absicht so, dass die andere sich ärgerte“, erklärt sie. Hier gab es keine Harmonie, aber auch keine Akzeptanz verschiedener Meinungen. Es fehlte der Respekt. In ihrem Buch erklärt sie, wie sie solche Situationen entschärft – oder auf die Selbstführung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzt. Ein respektvoller Umgang ermöglicht es, auch ohne Harmonie gut und produktiv miteinander zu arbeiten.

Roter-Reiter-Fazit

Ein Buch, das im ersten Moment Widerstand weckt, denn Harmonie scheint auf den ersten Blick erstrebenswert. Rachael Robertson zeigt jedoch eindrücklich, dass Respekt in einer diversen Unternehmenskultur viel wichtiger ist.

Rachael Robertson: Respekt schlägt Harmonie. Warum gemocht zu werden überbewertet wird und nur eine respektvolle Diskussionskultur zum Erfolg führt
Wiley-VCH, Weinheim 2021
176 Seiten, 19,99 Euro
ISBN: 978-3-527-51061-0

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