Das Buch der Woche: Kindheiten
Wie kleine Menschen in anderen Ländern groß werden
Alle 2,6 Sekunden wird auf dieser Welt ein Menschenkind geboren. Unter den unterschiedlichsten Bedingungen und auf den verschiedensten Wegen erblicken sie das Licht der Welt. Denn jedes Land hat – wie bei vielen anderen Dingen auch – gerade in Bezug auf Kindererziehung seine ganz eigenen Sitten.
Schwanger ist nicht gleich schwanger
Ist eine deutsche Frau erst einmal schwanger, wird von ihr zum Beispiel erwartet, sich gesund zu ernähren. Und das wird dann gleich ordentlich deutsch durchgezogen. So steht zum Beispiel Rohmilchkäse aufgrund seiner Listerien (Bakterien, die zu einer gefährlichen Infektionskrankheit führen können) ganz weit oben auf der Roten Liste. In Frankreich dagegen hat niemand etwas einzuwenden, wenn eine Frau während der Schwangerschaft genüsslich ihren Camembert futtert und der kann voller besagter Listerien stecken. In Guatemala dagegen drehen sich die Vorsichtsmaßnahmen weniger ums Essen. Hier sollen die Frauen nicht nach draußen, wenn die Sonne im Zenit. Und auch bei Vollmond ist draußen tabu. Ganz andere Tipps gelten in Mali. Dort werden schwangere Frauen davor gewarnt, sich zu bücken – das Kind könnte sich im Bauch übergeben.
Michaela Schonhöft und ihre außergewöhnliche Erziehungs-Reise
Doch wie unterschiedlich ist die Kindererziehung auf den verschiedenen Teilen der Erde wirklich? Mit dieser Frage hat sich die Soziologin und Journalistin Michaela Schonhöft in ihrem Buch „Kindheiten – Wie kleine Menschen in anderen Ländern groß werden“ beschäftigt. Durch viele Gespräche mit Freunden und Bekannten auf der ganzen Welt hat sie ein wahres Erziehungs-Puzzle geschaffen.
Schonhöft hat detailliert recherchiert, warum zum Beispiel Frauen aus Malaysia nach der Geburt weniger depressiv sind, als andere Frauen auf der Welt. Warum afrikanische Babys weniger schreien und indische und japanische Kleinkinder später wesentlich selbstsicherer sind als zum Beispiel deutsche Kinder im Erwachsenenalter.
Glück steht weltweit an oberster Stelle
Und trotz der vielen unterschiedlichen Herangehensweisen stellt Schonhöft fest, dass alle Eltern auf der Welt eines gemein haben: Sie alle wollen, dass ihre Kinder glücklich sind. „Ich will, dass meine Kinder so zufrieden wie möglich werden“, erzählt mir Tanya aus Südafrika. „Ich wünsche meinen Kinder, dass sie glücklich werden“, sagt auch Sapna aus Mumbai. Und Thuy aus Australien meint: „Meine Kinder sollen einfach nur zufrieden sein, welche Entscheidungen sie auch immer in ihrem Leben treffen.“ Dabei hat jede Kultur ihre ganz eigene Vorstellung davon, was Kinder wirklich glücklich macht.
Roter-Reiter-Fazit: Michaela Schonhöft nimmt mit ihrem Buch „Kindheiten – Wie kleine Menschen in anderen Ländern groß werden“ den Leser mit auf eine spannende Weltreise. Mit interessiertem Blick nimmt sie Erziehungsstile der ganzen Welt und der unterschiedlichsten Kulturkreise genauer unter die Lupe. In einzelnen Episoden erzählen Eltern von allen Kontinenten was sie ihren Kindern unbedingt mit auf ihren Lebensweg geben möchten und wie sie ihren Nachkömmlingen zum glücklich werden verhelfen. Dadurch relativieren sich einige gängige (Vor)Urteile und es kristallisiert sich heraus, was Eltern wirklich wichtig ist.
Text: Lena Riedmann, www.roter-reiter.de
Michaela Schonhöft: „Kindheiten – Wie kleine Menschen in anderen Ländern groß werden“, Pattloch 2013