Die Künstliche Text-Intelligenz ChatGPT hat die Schlagzeilen der vergangenen Wochen dominiert. Schon wird diskutiert, wie die KI von Schülerinnen und Schülern genutzt wird, Hausaufgaben und Referate praktisch überflüssig werden. Ganzen Berufszweigen wird ihr Ende prophezeit, weil die Arbeiten durch die KI erledigt werden.

Schaut man sich ChatGPT im Detail an, wird aber auch deutlich: Die künstliche Intelligenz kann kein Gespräch reproduzieren, das nach menschlichen Maßstäben „authentisch“ wäre. Auch klar: Die KI kann nur clever verwendet werden, wenn der Nutzer sie auch clever zu nutzen weiß.

KI kennt keine Moral

Auch wenn uns die Fortschritte in der KI-Forschung manchmal atemlos machen, wird immer wieder deutlich: Der Nutzen und die Entwicklung von künstlicher Intelligenz beruhen immer auf den Entscheidungen und dem Wissen von Menschen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Beweise dafür. Joy Boulamwini zeigte in ihrem TedX-Talk, dass die Gesichtserkennung mittels KI nur Menschen mit weißer Haut erkennt.

Auch in anderen Fällen „reagiert“ Software scheinbar rassistisch und ausgrenzend. So sollte eine Software die Karrierechancen von Personen anhand bestimmter Daten berechnen. Frauen wurden systematisch niedriger eingestuft, weil sie aufgrund von Fürsorgezeiten mehr Lücken im Lebenslauf haben als Männer. Diese Beispiele machen deutlich, dass es gefährlich sein kann, wenn KI nur aus unserer Vergangenheit lernt – eine Vergangenheit, die durchaus schwierig und ethisch fehlerhaft sein kann.

Künstliche Intelligenz menschlich nutzen

Der Mensch steht also bei allem technischen Fortschritt immer im Zentrum und muss sich dieser Verantwortung stellen. „Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Nicht die Technik ist der Flaschenhals, sondern wir. Wer dem bloßen Fortdenken entsagen und mit dem Nachdenken beginnen will, der sollte sich über die exponentiellen Fortschritte bei KI und Robotik weniger Sorgen machen als über unsere mangelnde Auseinandersetzung mit uns selbst“, sagen Alexander Karp, Jan Hiesserich und Paula Cipierre. „Es ist an der Zeit, den Trennstrich wieder klar zu ziehen, der Technologie ihren Platz zuzuweisen und als verantwortungsbewusster Akteur über deren Möglichkeiten zu entscheiden.“

Alexander Karp, Jan Hiesserich und Paula Cipierre sind alle Teil der Organisation Palantir Technologies, einem US-amerikanischen Big-Data-Unternehmen, das u. a. für staatliche und lokale Behörden tätig ist. In ihrem Buch „Von Artificial zu Augmented Intelligence“ machen die Experten deutlich, warum wir aktuell eine falsche oder ungenaue Idee davon haben, wie wir KI in Zukunft nutzen werden. Im Weg steht uns unser mechanistisches Weltbild, in dem Zahlen, Algorithmen und Fakten der Heilige Gral sind. Wird versucht, mit ihnen menschliches Verhalten, Emotionen und Beziehungen zu erklären, zu steuern und zu optimieren, nutzen wir als Menschen nicht KI, sondern machen uns selbst zu Robotern.

Damit sind wir auf dem Holzweg, denn „der Mensch ist und bleibt nun mal ,aus krummem Holz geschnitzt‘. Er bleibt nicht in jeglicher, aber doch in vielfältiger Form unberechenbar. Ambivalenz und Mehrdeutigkeit, aber auch vermeintliche Irrationalität sind elementare Wesenszüge der conditio humana. Sich ihrer zu entledigen, bedeutet nichts weniger, als sich zentralen Aspekten des Menschseins zu entledigen.“

Mit Technologie und Kunst Neues schaffen

In elf Interviews sprechen sie mit Expertinnen und Experten wie Chris Boos, Sebastian Dettmers, Miriam Meckel, Simone Menne, Adina Popescu, Alexander Pretschner, Matthias Röder und Léa Steinacker. Dabei lenken sie den Blick auf die Rolle der Kunst und wie sie uns Wege aufzeigt, Artificial Intelligence als Augmented Intelligence zu denken und anzuwenden. Denn Kunst kann wirklich Neues schaffen und so neue Lösungsansätze aufzeigen, die so noch nicht gedacht wurden.

So spricht Popescu über die Plattform ÆRTH, die skalierbare Lösungen für den Planeten simuliert – auf der Basis von menschlichem Verhalten. „Die Kreativität, Motivation, Vorstellungskraft und Lust, die Zukunft aktiv zu gestalten, kann Technologie im Allgemeinen und Software im Besonderen nicht ersetzen“, so die Autoren. „Aber Software, die im Sinne der Augmented Intelligence gebaut ist, die es uns als Menschen also ermöglicht, Komplexität zu erschließen, und uns auf dieser Basis hilft, leichter und schneller Entscheidungen zu treffen, kann uns als Werkzeug dienen, den Weg nach vorne mit wohlbegründeter Zuversicht zu beschreiten.“

Roter-Reiter-Fazit

Ein Buch wie ein Augenöffner: Auch wer bisher nicht mit KI in Berührung kam, erhält hier einen inspirierenden Einblick in die Möglichkeiten, mit Technologie eine lebenswerte, nachhaltige Zukunft zu schaffen.

Alexander Karp, Jan Hiesserich, Paula Cipierre: Von Artificial zu Augmented Intelligence. Was wir von der Kunst lernen können, um mit Software die Zukunft zu gestalten
Campus Verlag, 2023
254 Seiten, 38 Euro

ISBN 9783593516929

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