• Wohin die Liebe fällt. In diesem Fall auf einen Stall an der Stadtmauer und ein einsturzgefährdetes Haus daneben.
    Wohin die Liebe fällt. In diesem Fall auf einen Stall an der Stadtmauer und ein einsturzgefährdetes Haus daneben.
  • Fenster,Türen und was sonst noch im Weg lag: Alles musste raus!
    Fenster,Türen und was sonst noch im Weg lag: Alles musste raus!
  • „Warum reißt du nicht einfach alles ab?“ „Darum.“
    „Warum reißt du nicht einfach alles ab?“ „Darum.“
  • Die Kunst, eine morsche Treppe in ein ausgefallenes Decken-Kunstwerk  zu verwandeln.
    Die Kunst, eine morsche Treppe in ein ausgefallenes Decken-Kunstwerk zu verwandeln.
  • Schöne Schleiferei.
    Schöne Schleiferei.
  • Haus-Metamorphose in Miltenberg.
    Haus-Metamorphose in Miltenberg.
  • Der einzige Mann auf der Baustelle, der sich nicht von einer Chefin beirren ließ: Neffe Lukas.
    Der einzige Mann auf der Baustelle, der sich nicht von einer Chefin beirren ließ: Neffe Lukas.
  • Fitness-Studio überflüssig.
    Fitness-Studio überflüssig.
  • Und am Ende zeigt sich: Bis auf die Farbe...
    Und am Ende zeigt sich: Bis auf die Farbe...
  • ... ist alles so geworden, wie Barbara es geplant hatte.
    ... ist alles so geworden, wie Barbara es geplant hatte.
  • Auch an der Hochschule geht es um die Entwicklung von Modellen – und deren Umsetzung.
    Auch an der Hochschule geht es um die Entwicklung von Modellen – und deren Umsetzung.

Warum nur einen Traum leben, wenn man viele hat.

Barbara Ursula Maria Stute arbeitet am Theater. Und als Lehrbeauftragte an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Nebenbei verwandelt sie zwei Bruchbuden in piekfeine Schmuckkästchen. Eine Frau, die ihre Träume lebt.

Angebaggert...

Angebaggert…

Sie ist gelernte Schreinerin, studierte Innenarchitektin und zweifache Meisterin. Und immer auf dem Sprung. „Wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es Routinen“, sagt die ebenso kreative wie zupackende Frau. So schmiss sie ihren Job als Innenarchitektin und fing ganz von vorne an als Hospitantin am Staatstheater Mainz. Zog schnell an ihren meist männlichen Kollegen vorbei, machte zwei Meisterprüfungen zur Theater- und Beleuchtungsmeisterin und war schließlich Technische Leiterin Oper am Staatstheater Hannover und damit Boss von 100 Bühnenarbeitern. Geschafft? Denkste. Diese Frau lebt nicht nur einen Traum, sondern gleich mehrere.

Weil ihrem Gestaltungsdrang an der Staatsoper Grenzen gesetzt waren, kaufte sie zwei leerstehende Häuser in der Altstadt ihres Heimatortes Miltenberg am Main. Direkt an der mittelalterlichen Stadtmauer, direkt neben dem Würzburger Tor. Kurz bevor die Häuser zusammengebrochen wären. Für sie waren es allerdings keine abbruchreifen Hütten, sondern Potentiale. Anders gesagt: es war ein Himmelfahrtskommando.

Und sie machte alles, bis auf Dach, Heizung und einige Maurerarbeiten ALLEINE! Grund: aushelfende Männer wurden von ihr geschasst, weil die partout nicht verstehen wollten, dass Rigipsplatten hier unerwünscht sind. „Die dachten, ich spinne, als ich gesagt habe, dass der Lehm von Hand aufgetragen wird.“ Liebe zum Detail verträgt sich allerdings nicht unbedingt mit Liebe zum Budget. Und so liefen trotz aller Handarbeit die Renovierungskosten irgendwann und wesentlich vor Fertigstellung aus dem Ruder. „Du reißt eine Wand ab und eine andere fällt um. Du schleifst Balken ab, dann lacht dich der Holzbock an. Du gräbst das Fundament aus, und entdeckst Risse. Das kann schon an die Nerven gehen.“ Klingt sehr glaubwürdig.

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Wenn aus Pappe Realität wird.

Der Zeitplan war nicht zu halten, das Geld wurde knapp. Also hat Barbara den Koffer und ihre zwei Katzen eingepackt und fuhr in ihrem alten Peugeot nach Italien. Als Technische Leiterin an die Vereinigten Bühnen Bozen. Für die seit ihrem einjährigen Paris-Aufenthalt fließend französisch sprechende Powerfrau war es die kleinste Übung, „Italienisch in 30 Tagen“ zu lernen. Drei Jahre lang nutze sie die Theaterferien, um in ihren Häusern Mauern abzureißen und neu aufzubauen. Dann war klar. Um fertig zu werden ist die ganze Frau gefragt. Also über den Brenner zurück nach Hause.

Ihr Geld verdiente sie dann mit der Betreuung von Gastspielen und als Dozentin an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach („ein weiterer Traumjob“). Und sie klotzt bei den Bayreuther Festspielen ran („tolle Atmosphäre, tolle Leute – für Bühnentechniker immer ein Highlight“). Ansonsten ist Baustelle angesagt und „seit Jahren die Sechs-Tage-Woche. Morgens früh raus, abends spät nach Hause.“

Nach langer, erfolgreicher Arbeit konnte Barbara das Schild endlich abhängen!

Nach langer, erfolgreicher Arbeit konnte Barbara das Schild endlich abhängen!

Inzwischen wurden aus den Miltenberger Ruinen wahre Schmuckstücke. Was mit ein paar selbstgefertigten Plänen und Skizzen begann, wurde Realität. Nur bei der Farbe von Haus 2 musste Barbara Kompromisse machen. „Ich habe nirgends ein rot gefunden, das einigermaßen mit dem roten Miltenberger Sandstein harmoniert hätte, der in der Stadtmauer und auch am Haus verbaut ist.“ Dann eben grün. Dafür läuft jetzt auch der Innenausbau nach Plan und wird wohl in den nächsten Monaten weitgehend abgeschlossen werden. Zeit für eine neue Aufgabe. Ab Januar wird das Multitalent beim Ballett Düsseldorf anheuern, nationale und internationale Gastspiele organisieren.

Geht nicht, gibt’s nicht. Wenn eine diesen Spruch verkörpert, ist es die Frau, die vom Abendkleid in die Latzhose springt, die mit dem Zeichenstift ebenso souverän umgeht wie mit dem Vorschlaghammer. Wir ziehen den Hut, danken für so viel Lebens-Inspiration und davor, dass Barbara es geschafft hat, nicht nur einen Traum zu leben. Wir wünschen toi, toi, toi für die kommenden Aufgaben.

Wolfgang Hanfstein, www.Roter-Reiter.de

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