24 Okt. Joyful exhaustion: Wider die Gratifikationskrise
„Für mich war es ein riesiges Abenteuer, beim Füttern der Tiere mithelfen zu können, mit meiner Schwester und meinem Patenonkel auf den Heuböden herumzutollen oder mit einem Opa Traktor fahren zu dürfen“, erinnert sich Christina Guthier. In ihrem Ratgeber „Das war die Anstrengung wert! Was Menschen brauchen, um von ihrer Arbeit nicht auszubrennen“ beschreibt sie das anstrengende Leben ihrer Familie mit einem Landwirtschaftsbetrieb im Odenwald. Über Jahrzehnte hinweg arbeiteten ihre Großeltern dort Tag für Tag – von der Stallarbeit über den Obstanbau bis hin zum Verkauf der eigenen Produkte.
Mit der Zeit änderte sich etwas. Die Arbeit wurde nicht weniger, aber die Erträge schrumpften, die körperliche Belastung stieg und die Anerkennung blieb aus. Die Familie und der Betrieb gerieten in ein Ungleichgewicht: viel Aufwand, wenig Lohn. Genau hier setzt die Autorin an und erklärt, dass dieses Ungleichgewicht kein Einzelfall ist, sondern in der Wissenschaft einen Namen hat: Gratifikationskrise.
„Im Arbeitskontext werden Gratifikationskrisen besonders deutlich, da erbrachten Anstrengungen und den daraus resultierenden Leistungen festgelegte Belohnungen gegenüberstehen“, erklärt sie. Und mit einem Blick in die heutige Arbeitswelt finden wir weitere Beispiele: medizinische Angestellte, Altenpflegerinnen und Altenpfleger oder auch Lehrkräfte – sie arbeiten viel und leisten einen enormen gesellschaftlichen Beitrag, aber die (finanzielle) Anerkennung fehlt oft.
Balance zwischen Sinn, Anstrengung und Anerkennung
Ein solches Missverhältnis kann auf Dauer krank machen, körperlich wie seelisch. In ihrem Ratgeber zeigt die promovierte Arbeits- und Organisationspsychologin Wege auf, wie Arbeit wieder erfüllend und gesund sein kann. Anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse und vieler praktischer Beispiele zeigt sie, was Menschen brauchen, um langfristig motiviert zu bleiben: Erholung, passende Aufgaben und ein sicheres, wertschätzendes Arbeitsumfeld. Ihr Zauberwort: joyful exhaustion. Das ist das Gefühl, zwar müde, aber zufrieden zu sein, weil die eigene Anstrengung sinnvoll und belohnend war. Und sie kennt das Gefühl von früher: „Nach einem Tag auf dem Guldenklinger Hof fiel ich erschöpft (exhausted) und gleichzeitig freudig (joyful) ins Bett.“
Wie dieser Zustand erreichbar ist, erklärt sie in ihrem Buchund gibt Antworten auf die Fragen: Wie gelingt echte Erholung im Alltag? Wie finde ich Aufgaben, die zu mir passen und mich nicht ausbrennen lassen? Und wie könnengute Führung und ein sicheres Organisationsklima dafür sorgen, dass Menschen sich in ihrer Arbeit wohlfühlen und entfalten können?
Auch ihre Großeltern fanden dieses Gefühl wieder, als sie das Vieh verkauften und die Ländereien verpachteten. „Und wenn ich meinen Großvater nun beim gemeinsamen Abendbrot am Tisch sitzen sah, wirkte er von seiner Arbeit mit den geliebten Äpfeln nicht mehr ausgelaugt erschöpft, sondern joyfully exhausted.“
Roter-Reiter-Fazit
Christina Guthier hat ein kluges, alltagsnahes Buch über Balance, Sinn und Selbstfürsorge im Berufsleben geschrieben, das eine klare Botschaft hat: Arbeit darf anstrengend sein, solange sie uns nicht auszehrt, sondern erfüllt.
Jetzt auf managementbuch.de bestellen
Christina Guthier: Das war die Anstrengung wert! Was Menschen brauchen, um von ihrer Arbeit nicht auszubrennen
Campus, 2025
208 Seiten, 26 Euro
ISBN 9783593520230