Man kennt es: Auf einer privaten Party oder bei einem beruflichen Netzwerktreffen lernen wir neue Menschen kennen. Und das Erste, was wir in aller Regel fragen, ist: „Was machst du so beruflich?“ Es ist eine sehr deutsche Eigenschaft, dem Beruf eines Menschen eine große Bedeutung beizumessen.

Aber, so resümiert Nicolas Korte: „Nach dieser Vorstellung kennen Sie die Position und das Unternehmen Ihres Gegenübers, wissen aber nicht, wer der Mensch neben Ihnen ist.“ Das wurde ihm spätestens bewusst, als er das erste Mal auf Rebecca Burke traf. Sie ist Historikerin und deutsche Expertin für Maori-Kultur.

In Beziehung gehen

Im Gespräch stellte sie ihm die Idee des whakapapa und pepeha vor. Bei Letzterem handelt es sich um einen Auszug aus dem whakapapa, einer Art Genealogie. Wenn sich Maori neu kennenlernen, kommt pepeha zum Einsatz. „Man steht auf, erzählt den Anwesenden ein Stück seiner Lebensgeschichte und seines Stammbaumes mit dem Ziel, Anknüpfungspunkte mit dem Gegenüber zu finden.“ Die Reihenfolge dieses Rituals ist festgelegt, von größeren Angaben wie dem Berg, in dessen Nähe man geboren wurde, werden die Angaben immer spezifischer. Seinen Namen nennt man erst ganz zum Schluss. Als Nicolas Korte, selbst Coach für Organisationsentwicklung, von diesem Vorgehen hörte, war er fasziniert.

„In der praktischen Anwendung kann der Austausch des pepeha mit ,unsichtbarer Hand‘ zum Beispiel Vorstellungsgespräche, Präsentationen und Mitarbeitergespräche neu gestalten und steuern, indem Anknüpfungspunkte sichtbar und Beziehungen möglich werden“, erklärt er. Wir würden in Organisationen, die von sich behaupten, menschenzentriert zu funktionieren, endlich wirklich etwas über unser Gegenüber erfahren. 

Traditionen in einen neuen Kontext setzen

Im Austausch fanden Rebecca Burke und Nicolas Korte immer mehr spannende Aspekte der Maori-Kultur, die in Organisationen Großes bewirken können. „Die vermeintlich ,neuen‘ Konzepte der Zusammenarbeit sind auf einen Schlag gar nicht mehr neu, sondern Tausende Jahre alt“, stellt er fest. „Müssen wir, während die Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft um die große Transformation ringen, wirklich nur über den Ozean oder in den Rückspiegel der Zeit blicken, um zu erkennen, dass das alles schon lange da ist?“ Es scheint so.

In jedem Fall stellen die Historikerin und der Unternehmensberater in ihrem Buch „Haka“ viele Konzepte und Traditionen der Maori-Kultur vor, die Unternehmen auf ihrem Weg zu einer zukunftsfähigen Organisation helfen können – und den Menschen, den Sinn und Zweck von Unternehmungen, wieder in den Mittelpunkt stellen.

Roter-Reiter-Fazit

Mit „Haka“ bieten Rebecca Burke und Nicolas Korte das erste Buch an, in dem die Traditionen und Konzepte der neuseeländischen Maori-Kultur mit der Weiterentwicklung von Organisationen in Verbindung gebracht werden. Es zeigt: Wir können aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen.

Rebecca Burke, Nicolas Korte: Haka. Was die Menschen in Organisationen von der Maori-Kultur lernen können
Vahlen, 2024
147 Seiten, 19,80 Euro 

ISBN 978-3-8006-7311-7

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