Fußball ist Führungsarbeit: Leadertalk unter Profis
Im Mai 2024 stand Jürgen Klopp ein letztes Mal als Trainer des FC Liverpool am Spielfeldrand. Sein Abschied ist bereits jetzt Fußballgeschichte, denn er wurde wie ein Nationalheld verabschiedet. Dabei ist er ein Wiederholungstäter, ähnliche Szenen kennt man von seinen Abschieden in Mainz und Borussia Dortmund. Wie er das immer wieder schafft, dazu geben seine Abschiedsworte einen Hinweis.
Mehrfach unterbrochen vom Fanjubel sagte er: „Die Leute haben mir zuletzt gesagt, ich hätte sie von Zweiflern zu Glaubenden gemacht. Aber das stimmt nicht. Glauben ist eine aktive Tat. Ich habe nur gesagt, wir müssen es tun. Ihr habt es gemacht!“ Die Betonung lag auf dem Wörtchen „ihr“. Er sieht den Erfolg als Gesamtleistung, stellt sich nicht in den Mittelpunkt.
Führung als Spiel verstehen
Jürgen Klopp schafft es wie kein zweiter Fußballtrainer, Menschen zu motivieren, sie zu begeistern und zu überzeugen. Das sieht auch Mounir Zitouni so, der sagt, dass Jürgen Klopp auch bei Beobachtern als „,Menschenfänger‘ unter den Trainern“ gelte. „Er versteht es, Menschen für sich einzunehmen, sie zu begeistern, gleichzeitig interessiert er sich für seine Spieler, ja, er liebt sie“, so Mounir Zitouni.
Der Business-Coach hatte die Möglichkeit, diese Wirkung am eigenen Leib zu spüren. In seinem Podcast Leadertalk spricht er regelmäßig mit Fußballpersönlichkeiten über ihr Leadership-Verständnis. Er selbst spielte in der Jugend von Eintracht Frankfurt, wechselte dann nach Tunesien, wo er bei Espérance Tunis Meister, Pokalsieger und Nationalspieler wurde. Zurück in Deutschland spielte er als Profi unter anderem bei Kickers Offenbach, dem SV Wehen und dem FSV Frankfurt. Auch nach seiner aktiven Karriere blieb er dem Fußball treu und arbeitete 14 Jahre lang für das kicker-Sportmagazin.
In seinem Buch „Teams erfolgreich führen – Die besten Strategien von Klopp, Rangnick & Co. für dein Leadership“ bietet er nun die Quintessenz aus vier Jahren Podcast. Er kristallisiert zwölf Führungseigenschaften heraus, die erfolgreiche Fußballtrainer und -trainerinnen in einer einzigartigen Mischung mit sich bringen und die auch Führungskräfte haben sollten.
Mit Herz und Verstand führen
So sieht er auch, dass Klopps authentische Herzlichkeit und Empathie zwei seiner wichtigsten Stärken sind. Aber „der Wechsel zwischen dem ,Menschenversteher‘ und dem ,Ansager‘ ist fließend“, so Zitouni. „Ich glaube, es ist das größte Erfolgsgeheimnis seines Tuns.“ In seinem Podcast zeigte Jürgen Klopp nämlich auch, dass dieses Menschen-Verstehen nur die eine Seite ist.
Er erzählte: „Wenn wir eine Mannschaftssitzung haben, dann gibt es einen, der spricht, und das bin ich. Dort wird nicht diskutiert. Das funktioniert so nicht. (…) Wenn elf Mann das Gleiche falsch machen, hast du immer noch eine Chance zu gewinnen. Wenn bei elf Spielern jeder das macht, was er will, dann bist du verloren.“
Ottmar Hitzfeld, Felix Magath, Ralf Rangnick oder Silvia Neid: In seinem Buch spürt Zitouni den Stärken und Erfolgskonzepten von 55 der erfolgreichsten Fußballtrainer und Fußballtrainerinnen nach. Dabei unterteilt er die Eigenschaften in die drei Kernkompetenzen Autorität, Liebe und Persönlichkeit. Und er stellt klar: Die perfekte Mischung gibt es nicht, jeder und jede ist in Persönlichkeit und Herangehensweise unvergleichlich. Und genauso ist es bei Führungskräften: Sie müssen ihre Strategie, ihre Mannschaft und die Aufstellung aufeinander abstimmen und dann hoffen, dass der Plan aufgeht.
Roter-Reiter-Fazit
Ottmar Hitzfeld, Felix Magath, Ralf Rangnick oder Silvia Neid: Mounir Zitouni hat in seinem Podcast die besten Fußballtrainer und -trainerinnen zu ihrer Führungsphilosophie befragt. Heraus kam ein toller Ratgeber, der sehr viele Impulse und strategische Überlegungen für Führungskräfte bereithält.
Mounir Zitouni: Teams erfolgreich führen – Die besten Strategien von Klopp, Rangnick & Co. für dein Leadership
Metropolitan, 2024
232 Seiten, 24,95 Euro
ISBN 978-3-96186-074-6