Employee Assistance Program: Alles, nur kein Obstkorb
Spätestens als Mitarbeitende während der Corona-Krise die Obstkörbe nach Hause geschickt bekamen, wurde es abstrus. Aber schon vorher konnte man fragen: Auf was zielen solche scheinbaren Benefits ab? Soll ich mich durch das Geschenk von Apfel, Banane und Co. wertgeschätzt fühlen? Oder traut mir mein Arbeitgeber keine gesunde Ernährung zu?
Mitarbeitende wirklich unterstützen
Tatsächlich sind Benefits wie der Tischkicker oder das unternehmenseigene Fitnessstudio in ihrer Wirkung fragwürdig. Karin Esch, Sozialwissenschaftlerin und Geschäftsführerin der awo lifebalance, fragt: „Wozu ein leeres Fitnessstudio heizen und Leasingraten für teure Trainingsgeräte zahlen, wenn Mitarbeitende ein vergleichbares Angebot in ihrer Wohnumgebung für 19,99 Euro im Monat vorfinden?“ In ihrem Buch „Engagierte Mitarbeitende mit EAP“ zeigt sie, wie Mitarbeitende wirkungsvoll und nachhaltig unterstützt werden.
Sie stellt das Konzept der Employee Assistance Programs (EAP) vor, die in den vergangenen Jahren auch in Deutschland immer bekannter geworden sind. Dabei handelt es sich um externe soziale Assistenzprogramme für Mitarbeitende, die ihnen in den verschiedensten Lebenslagen helfen. Denn was sicher ist: Unsere aktuelle Lebenssituation hat Auswirkungen auf unsere Leistung.
Wenn wir uns mit der Pflege der Eltern beschäftigen, keinen Kita-Platz bekommen oder ein Suchtproblem haben, können wir uns weniger gut auf unsere Arbeit konzentrieren. Oder wie es Karin Esch sagt: „Ein Obstkorb betreut keine Kinder und mit Yoga lässt sich nicht jede Lebenskrise bewältigen.“ Verstärkt wird das Problem, wenn der Arbeitgeber jeglichen Support verweigert oder sogar noch Druck ausübt.
Zufriedene Menschen sind gute Mitarbeitende
Viele Arbeitgeber haben bereits erkannt, dass eine andere Herangehensweise zielführender ist. Sie bieten ein individuelles Employee Assistance Program an. Dabei handelt sich um externe Anbieter, die eng mit dem Unternehmen zusammenarbeiten. So haben die Mitarbeitenden einer Supermarkt-Kette – unabhängig von ihrer Position – die Möglichkeit, jederzeit ein Coaching in Anspruch zu nehmen. Gibt es beispielsweise Schwierigkeiten im Team, bietet das EAP dafür ein Coaching an, die Kosten übernimmt das Unternehmen.
Andere EAP unterstützen Arbeitnehmende bei der Suche nach einer Kinderbetreuung. „Gerade in den Ballungszentren wird es nicht immer möglich sein, auf Anhieb eine längerfristig ideale Lösung zu finden“, stellt Esch klar. „Umso wichtiger sind dann Gespräche zwischen den betroffenen Mitarbeitenden, der HR-Abteilung und den EAP-Profis, welche Lösungen sich eventuell zur Überbrückung umsetzen lassen.“
Esch zeigt in ihrem Ratgeber, wie enorm wichtig solche Unterstützungsangebote für die psychologische Sicherheit der Arbeitnehmenden sind: Sie müssen ihre alltäglichen Probleme nicht verstecken – was noch mehr Kraft kostet –, sie haben Ansprechpartner. Wie Unternehmen durch Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden passgenaue EAP-Programme initiieren, zeigt Karin Esch anhand der vier Praxisfelder „Eltern und Kinder“, „Pflege“, „Lebenslagen“ und „Emotionales“; Best Practices zeigen, was bereits jetzt ohne Obstkörbe möglich ist.
Roter-Reiter-Fazit
Nie wieder Obstkörbe? Mit Employee Assistance Programs unterstützen Organisationen ihre Mitarbeitenden in den verschiedensten Lebenslagen. Wie Unternehmen davon profitieren und wie sie passgenaue Employee Assistance Programs erstellen, erklärt Karin Esch an vielen praktischen Beispielen.
Karin Esch: Engagierte Mitarbeitende mit EAP. Wie Employee Assistance Programs Beschäftigte effektiv binden
Wiley-VCH, 2024
256 Seiten, 29,99 Euro
ISBN: 978-3-527-51186-0