Beichte des Medienhetzers

Eine Warnung vorweg: Wenn Sie Internet-Blogs mögen, vielleicht jeden Morgen darin stöbern, um sich zu informieren und zu unterhalten, sollten Sie das Buch besser nicht lesen. Denn dieser Spaß wird Ihnen vergehen. Auch der an Boulevard-Blättern. Die über Twitter und Facebook geteilten Nachrichten werden Sie anders wahrnehmen, kritisch hinterfragen und garantiert nicht mehr sorglos „liken“. Denn das, was Ryan Holiday in seinem Enthüllungsbuch „Operation Shitstorm“ über Meinungsmache und Manipulation scheinbar seriöser Medien berichtet, lässt niemanden kalt. Und Holiday muss es wissen. Denn er war der Schlimmste von allen.

Schmutzkampagnen

Holiday beginnt seine schonungslose Beichte mit einem nüchternen Statement: „Mein Job ist es, die Medien zu belügen, damit diese wiederum Sie belügen.“ Als eigenwilliger PR-Manager für Unternehmen und Bestsellerautoren überschreitet er mehrfach die Grenzen des Rechts und die der Ethik sowieso, um seine aggressiven Botschaften zu vervielfältigen. Er besticht Blogger, streut Gerüchte, entfacht „einen Feuersturm der Empörung“, um die Sogwirkung seiner „Nachrichten“ zu verstärken. Mit Erfolg! Seine Meldungen zieren die Aufmacher der Blogs und Portale, werden zum Gesprächsstoff amerikanischer Großstädte.

Meister der Manipulation

Holiday ist ein Meister der Manipulation, der die leise Spielart der Beeinflussung ebenso beherrscht wie die Brachialmethoden. Weil er weiß, wie Medien funktionieren und wie Blogger gefüttert werden wollen. Seine Tricks verrät er detailliert in dem Buch. Von neun wesentlichen Taktiken spricht er, die vermutlich nicht nur amerikanische Blogger in die Knie gezwungen haben, sondern auch hierzulande noch immer Nachrichtenblüten produzieren. Indem man aufgebauschte Halbwahrheiten streut, mit rhetorischen Fragen arbeitet, maßgeschneiderte Headlines und Artikel liefert, die einfach zu gut in das eigene redaktionelle Umfeld passen, zu viele Klicks und Kommentare bringen, als dass die Empfänger ihre Quelle kritisch hinterfragen möchten.

Holiday: „Ich trickse die Blogger aus, und die tricksen ihre Leser aus.“ Aus einer kleinen Übertreibung wird so in Windeseile ein Mediensturm, der auf falschen und gelogenen Informationen basiert. Auch in den Tageszeitungen natürlich, denn „80 Prozent daz4edaller Journalisten verwenden bei der Recherche ihrer Storys Blogs als Quelle.“

Roter Reiter Fazit: Ungemein spannend und schonungslos ehrlich räumt das Buch mit der Vorstellung unabhängiger Medienberichterstattung auf. Zur Ehrenrettung des Autors sei gesagt, dass er längst die Fronten gewechselt hat. Gut für ihn, damit er nachts wieder beruhigt einschlafen kann. Gut für Sie, denn sonst wäre dieses spannende Protokoll einer ethisch verrotteten Medienlandschaft nie erschienen.

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

Ryan Holiday: „Operation Shitstorm“, Plassen 2013

Buch bestellen auf Managementbuch.de