Facebook-Junkies, Pisa-Versager, Protest-Wähler, Koma-Säufer – die Boulevard-Presse hat der Generation „Y“ wenig schmeichelhafte Etiketten aufgedruckt. Jugendforscher und Soziologe Klaus Hurrelmann und Journalist Erik Albrecht zeichnen ein anderes Bild von den „Ypsilonern“, denen sie im gemeinsamen Buch „Die heimliche Revolution“ eine ungeheure wirtschaftliche Schubkraft und ein enormes gesellschaftliches Erneuerungspotenzial zutrauen, kurzum das Zeug für eine stille (soziale) Revolution, die sich auf alle Bereich des Lebens erstreckt.

Wirtschaftliche Instabilität als Konstante

Die Generation „Y“, das sind die Jahrgänge 1985 bis 2000, deren Lebenswirklichkeit sich fundamental von den Babyboomern (1955 – 1970) und der nachfolgenden Generation „X“ unterscheidet: Freundschaften werden im virtuellen Raum geschlossen und gefestigt, die wirtschaftliche Instabilität der nationalen und internationalen Finanzmärkte verändert das Karrierestreben einer ganzen Generation. „Teilzeitjobs, Kettenverträge oder vorübergehende Arbeitslosigkeit“ werden Teil der Normalbiographie („Statusinkonsistenz als Lebensgefühl“). Ypsiloner, so die Autoren, denken in kürzeren beruflichen Abschnitten als die Generationen vor ihnen. Sie stellen aber auch mehr Ansprüche. Der Chef als Patriarch, das gilt heute nicht mehr, er muss als Vorbild dienen, als „Coach und Trainer“. Mit den Rollen verschieben sich Arbeitsgewohnheiten und -prozesse. Hierarchien verblassen, funktionale Kompetenzen werden dagegen aufgewertet.

Überangebot bewältigen

Keine Generation vorher hatte ein solches Überangebot an Wahlmöglichkeiten zu bewältigen: Ausbildungswege, Qualifizierungen, mediale Angebote, politische Ausdifferenzierungen, Partnerschaften – die Ypsiloner sind zu ständigen Entscheidungen gezwungen. Entgegen der ernüchternden Pisa-Studien ist die Generation Y folgerichtig sehr lernwillig und flexibel. Weiterbildung und soziale Mobilität definieren das Überlebenskonzept in der Welt, die sich als unsicher darstellt und in der alte Erklärungsmuster (auch die der etablierten Parteien) kaum mehr greifen.

Breite Sozialstudie über die pragmatische Generation

Hurrelmann und Albrecht haben ihre Sozialstudie auf solide soziologische Füße gestellt. Aktuelle Forschungsberichte und sozialwissenschaftliche Studien bilden das Rückgrat ihrer Erklärungsmuster. Gut, dass sie an vielen Stellen Angehörige der Generation „Y“ in Interviews zu Wort kommen lassen, die ungeschminkt über ihre Perspektiven, Träume, Ängste und Hoffnungen sprechen.

Roter Reiter – Fazit: Das Lebensmotto der Ypsiloner lautet „in der Ungewissheit eine gewissen Zuversicht zu finden“. Die Autoren bringen das Lebensgefühl der Jugend und künftigen Elite des Landes treffend auf den Punkt. Ein wichtiges Buch für Sozialarbeiter, Pädagogen und Lehrer.

Oliver Ibelshäuser, www.roter-reiter.de

 

Klaus Hurrelmann, Erik Albrecht: „Die heimliche Revolution“, Beltz 2014

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