Blogs ersetzen Zeitungen, YouTube-Kanäle das TV, Smartphones den PC: Der Journalismus im 21. Jahrhundert schafft sich neue Big-Player, neue Verbreitungswege und neue Rezipienten. In seinem spannenden Buch „Ausgedruckt“ geht der New Yorker Journalist Jeff Jarvis der Frage nach, wie der technologische Fortschritt „die Nachrichtenbranche umkrempelt“.

Jarvis zeichnet die wichtigsten journalistischen Neuerungen der letzten Jahre bis zur „digitalen Revolution“ nach und entwirft kühne, aber nicht unrealistische Szenarien für die künftige Beschaffung, Verarbeitung und Veröffentlichung von Informationen. „Ich fordere uns auf, fast alle Annahmen über Nachrichten infrage zu stellen, aber sie auf keinen Fall abzulehnen“, schreibt der Autor.

Nachrichten als Dienstleistungen

Nachrichten, so Jarvis, gewinnen im Sinne von Facebook und Google, den Status von „Dienstleistungen, die den Menschen helfen, ihre Ziele zu erreichen“. Apps auf dem Smartphone sind deswegen so beliebt, weil sie nicht nur Content liefern, sondern Kontext: Hintergrundinformationen, Service und Tipps rund um die eigentliche Information. Jarvis spricht hier von „kuratieren“. Journalisten werden Nachrichten aufbereiten, wie Kuratoren, die Kunstwerke in einer Ausstellung anordnen: publikumsgerecht, verständlich, nachhaltig.

Native Advertising ist ein Sargnagel für neue Medien

Dass „User Generated Content“ in den sozialen Medien einen Großteil der Gier nach neuen Meldungen stillt, bedroht nicht die Existenz der konventionellen Medien. Als gefährliches Spiel aber betrachtet der Autor den Trend zum „Native Advertising“ („Pest oder Cholera“), der bewussten Vermischung von redaktioneller Information und Werbung. Ein leichtfertiger verursachter Imageverlust sei auf Dauer teurer als der Verzicht auf Werbeeinnahmen. Verleger und Publizisten sind gefordert, zeitgemäße Finanzierungsmodelle zu finden. Für gute Nachrichten werden Kunden immer bezahlen.

Nicht das Ende des Journalismus, sondern seine Emanzipation

Was der Autor hervorragend umsetzt: Er beschreibt die gravierenden Veränderungen, er bedauert sie nicht und vermeidet erst Recht den Abgesang auf die alten Redaktionsstuben: „Wenn sich die Journalisten anstatt ihres alten Produktionsethos – Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendungen produzieren – darauf konzentrieren, wo sie einen echten Wert liefern können, dann können Sie die Entwertung ihres Berufsstands verhindern.“

Roter-Reiter – Fazit: „Ausgedruckt“ gewährt einen weitreichenden Blick auf die Chancen und Risiken des Journalismus von Morgen. Blogger, Redakteure und Verleger werden das Buch kontrovers diskutieren – das ist absolut im Sinne des Autors. Ein wichtiges Buch!

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

Jeff Jarvis: „Ausgedruckt“, Plassen 2015

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