„Die Zeiten billigster Fast-Food-Motivation neigen sich immer mehr dem Ende zu. Viele Leute haben einfach genug von der ewigen Beschwörung des Glaubens an sich selbst, vom unermüdlichen Appell à la „Du musst nur richtig wollen“ und vor allem auch von diesem sinnbefreiten Taschakka-Theater zur Selbstanfeuerung.“ Das Zitat bringt auf den Punkt, um was es Autor Steffen Kirchner in seinem Buch „Totmotiviert“ geht. Sein Ratgeber ist eine wütende, häufig auch amüsante Abrechnung mit den Taschenspielertricks der Trainer inklusive Aufklärung zu tatsächlich wirksamen Motivationstechniken.

Schluss mit dem peinlichen Tschakka-Gebrüll

Auch wenn Kirchner (den Sie vielleicht bislang nur als Experten beim ZDF oder Sky kennen) zu Beginn seines Buches noch so oft betont, dass er nicht als Nestbeschmutzer gelten will: Ross und Reiter bekommen hier ihr Fett weg. Carsten Maschmeyer und der „Tschakka-Erfinder“ Emil Ratleband werden wenig Spaß an dem Buch haben (vor allem an den Passagen, in denen sie namentlich genannt werden). Alle anderen werden das Buch mit Genuss lesen. Kirchners pointierte Schreibe sorgt für beste Unterhaltung.

Das Problem mit dem Leugnen von Problemen

Die Scheinmethoden vieler Coachs werden systematisch demaskiert: Erst nennt der Autor die Pseudo-These, prüft dann den Wahrheitsgehalt und arbeitet schließlich das heraus, was von der ursprünglichen Behauptung noch haltbar ist. Meist nicht viel. Dann wandelt er sie komplett in einen neuen, gültigen Ansatz um. Insgesamt 13 der häufigsten „Motivationslügen“ werden auf diese Weise „entsorgt“. Dazu gehört zum Beispiel das Versprechen „sich auf Erfolg programmieren zu können“. Erfolge, so Kirchner, lassen sich nicht programmieren, sondern sind die „Ergebnisse falscher Entscheidungen, aus denen wir lernen“. Auch Phrasen wie „Es gibt keine Probleme. Es gibt nur Herausforderungen“ kommen in den Schredder. Kirchner lapidar: „Das Problem ist, dass viele glauben, keine Probleme haben zu dürfen.“

Was haben Arnold Schwarzenegger, Lionel Messi, Kate Moss und Robbie Williams gemeinsam?

Egal, auf was Sie gerade tippen, es ist vermutlich falsch. Denn diese Weltstars haben das geringe Ego gemeinsam: Selbstzweifel, ein „unausgeglichenes Seelenleben“. Fort also auch mit der Behauptung, nur eine stabile Seelenlage schaffe Erfolgserlebnisse. Es gibt zahllose Gegenbeispiele. Und Selbstbewusstsein fällt eh nicht vom Himmel. Tatsächlich, so Kirchner, „funktioniert es wie ein Muskel, der täglich trainiert werden muss: Große Erfolge im Leben beginnen oft mit kleinen Taten“.

Roter-Reiter – Fazit: Das vielleicht beste Motivations- und Selbstcoaching-Buch des Jahres. Mit einer Spur ironischer Gehässigkeit haut Kirchner vielen Trainerkollegen deren Binsenweisheiten um die Ohren und zeigt, auf was es wirklich ankommt, wenn Sie weiterkommen wollen. Empfehlung!

Oliver Ibelshäuser, www.management-journal.de

Steffen Kirchner: „Totmotiviert“, Gabal 2015

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