Manchmal sind es Kleinigkeiten, die urplötzlich auf die Stimmung drücken oder auch gute Laune bescheren. Ein beiläufig wahrgenommener Geruch, die Farbe auf dem Werbeplakat gegenüber der Bushaltestelle, der warme Lufthauch beim Betreten des Kaufhauses an einem tristen Novembertag. Was unserem Bewusstsein komplett verborgen bleibt – der Zusammenhang von Reiz und Wirkung – wird im Buch „Du denkst nicht dem Kopf allein“ von der israelischen Psychologin Thalma Lobel eindrucksvoll entschlüsselt.

Die große Wirkung der kleinen Signale im Alltag

Ihre These lautet: „Kaum wahrnehmbare Signale aus unserer Umwelt bestimmen darüber, ob wir gut schlafen, in einer Prüfung durchfallen oder uns verlieben.“ Die von der Autorin zitierten Studien basieren auf der Theorie des Embodiment, die „davon ausgeht, dass unsere Entscheidungen, Verhaltensweisen, Urteile und Gefühle untrennbar mit unseren sinnlich-motorischen Erfahrungen zusammenhängen.“

Die Farbe Rot ist beim Flirten OK – auf dem Prüfungsbogen aber tabu

Lobel führt zahlreiche Beispiele dafür an – aus der Laborpraxis der Psychologen aber auch aus eigenen Alltagserfahrungen. Hier eine Auswahl der erstaunlichsten Untersichtungsergebnisse:

  • Wir nehmen unsere Umgebung wärmer war, wenn wir etwas Warmes in der Hand halten – beispielsweise eine Tasse Tee. Wenn Sie demnächst bei Ihrem Chef eine Gehaltsverhandlung durchsetzen wollen, stellen Sie ihm zu Beginn des Termins einen duftenden Cappuccino an seinen Platz.

  • Wenn wir weiche Gegenstände wie Tücher berühren, urteilen wir milder und großzügiger, als wenn wir harte oder unebene Gegenstände anfassen.

  • Unangenehme Erinnerungen werden fast immer mit Kälte assoziiert. Wer sich unwohl fühlt, nimmt einen Raum kälter wahr als andere Menschen.

  • Weiche Stühle im Konferenzraum machen auch Verhandlungspartner „weicher“.

  • Rot wirkt nicht (nur) auf spanische Stiere in der Arena anziehend. Die Farbe steht für Leidenschaft und Erotik in der Modewelt. Flirtwillige Frauen sollten für die Party ein rotes Kleid tragen, wenn sie angesprochen werden möchten. Im Berufsalltag hingegen gehört Rot auf den Farbenindex, denn „Wissenschaftler haben den Einfluss der Farbe Rot auf die Motivation überprüft und festgestellt, dass Rot Versagensängste und Vermeidungsverhalten bewirkt.“

Roter Reiter – Fazit: Eine spannende Reise in die recht junge Forschungsdisziplin Embodiment. Das Wissen um die Wirkung warmer und heller Räume, gemütlicher Stühle und vorgewärmter Tee-Tassen für die Teilnehmer ist auch im Business sehr wichtig.

Oliver Ibelshäuser, www.roter-reiter.de

Thalma Lobel: „Du denkst nicht dem Kopf allein“, Campus 2015

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