Tschüss zur Opferrolle, bye-bye zur Generalanklage gegen die ungerechte, männerdominierte Welt. Stattdessen mit einem satten Sprung zurück ins selbstbestimmte Leben, ihr Frauen! Das ist der Apell, den Theresa Bäuerlein und Friederike Knüpling in ihrem gemeinsamen Buch „Tussikratie“ kraftvoll verkünden. Eine unterhaltsame, provokative Auseinandersetzung mit althergebrachten Rollenklischees und Geschlechterbildern. Die Autorinnen haben es dabei auf die zahllosen „Tussis“ der Gesellschaft abgesehen. Das sind nicht nur die „Lipglossgirls“ mit pinkfarbenen Jäckchen und üppiger Oberweite, sondern auch die vermeintlich längst zwischen Partnerschaft und Karriere geerdeten Frauen, die partout die „künstliche Feindschaft zwischen Männern und Frauen“ am Köcheln halten. Die „strukturelle Benachteiligungen“ sehen, wo sie individuelle Chancen verpassen und in Endlosschleifen „Flexiquoten, Herdprämien und Gender-Pay-Gap“ anprangern. Die bilden die Vorhut der Tussikratie-Bewegung, indem sie „Frauenbenachteiligung an alles und jeden anlegen, selbst wenn das nicht gerechtfertigt ist oder andere Fragen wichtiger wären.“

Raus aus dem Jammertal – rein in die Verantwortung

In kurzen szenarischen Essays über Liebe, Sex und Karriere zeigen Bäuerlein und Knüpling, warum verfrühte und ungerechtfertigte Schuldzuweisungen an das „starke Geschlecht“ keine Probleme lösen, sondern lediglich die Stimmung vergiften und die Fronten verhärten. Und dabei den Kern der gesellschaftliche Missstände mitunter meilenweit verfehlen. Der Ratschlag lautet: Macht euch nicht durch Lamentieren klein, ihr Tussis“, sondern durch verantwortungsvolles Handeln groß. Ihr könnt viel mehr als ihr glaubt, wenn ihr die Schmollecke verlasst, eure Stärken aber auch Schwächen korrekt einschätzt und nicht ungefiltert auf das andere Geschlecht projiziert.“

Roter Reiter – Fazit: „Dies ist kein Buch gegen Frauen“ schreiben Bäuerlein und Knüpling zu Beginn von „Tussikratie“. Provozieren und wachrütteln wollen sie aber allemal. Überraschend, dass zwei Frauen sich aufmachen, die alte Feminismusdebatte mit scharfen Argumenten neu zu befeuern. Von der Titelgestaltung bis zur letzten Seite scheren sich die Autorinnen einen feuchten Kehricht um Political Correctness in der nicht enden wollenden Debatte um Gender Diversity und Gleichberechtigung. Spannend geschrieben und erfrischend kontrovers.

Oliver Ibelshäuser, www.roter-reiter.de

 

Zum Buch: Theresa Bäuerlein, Friederike Knüpling: „Tussikratie“, Heyne 2014