Zwei Drittel der deutschen Männer glauben, mehr Gleichberechtigung brauche es nicht. Das hat eine Allensbach-Studie ergeben. Ein Teil der Befragten fällt vermutlich in den Bereich „Chauvis und Sexisten“. Die überwiegende Mehrheit der Männer aber hat kein Bewusstsein für die Benachteiligung der Frau in allen gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Bereichen. Denen erteilt Anke Domscheit-Berg mit ihrem Buch „Ein bisschen gleich ist nicht genug“, eine eindrucksvolle Lehrstunde. Die Autorin möchte dazu beitragen, „ein komplexes Problem durchschaubarer und damit lösbarer zu machen, im Interesse aller Menschen, nicht nur der Frauen“.

Diskriminierung in Zahlen

Allen, die das Thema gerne bagatellisieren, knallt Domscheit-Berg gleich mal harte Fakten entgegen: Nur 20 Prozenten der Professoren sind weiblich. Nicht einmal jede dritte Führungsposition in der deutschen Wirtschaft hat eine Frau inne. Und deutsche Medien sind (statistisch gesehen) komplett frauenfeindlich: Von allen Chefredakteuren sind gerade mal zwei weiblich. Zufall ist das nicht. Domscheit-Berg arbeitet im Buch akribisch die Hintergründe für die alltägliche Benachteiligung heraus. Warum Frauen seltener Karriere machen und durchweg weniger verdienen („akzeptieren Frauen in der Vertragsverhandlung schon das erste Angebot, ist der Grundstein gelegt für ein lebenslang geringeres Gehalt“). Warum Frauen nicht auf dem „Beförderungsradarschirm“ der Vorgesetzen erscheinen („klappern weniger; Kompetenzen und Potenziale bleiben dort, wo es darauf ankommt“) und antiquierten Kleidervorschriften entsprechen müssen, um ihr seriöses Image nicht mit einem Minirock an einem einzigen heißen Sommertag komplett zu verspielen („Victimblaming“).

Was Politik, Wirtschaft und Medien leisten müssen

Konkrete Appelle richtet die Autorin im letzten Teil des Buches an Politik („Steuerrecht erneuern“, „Transparente Gehaltsunterschiede“, „Mehr Sanktionen für Diskriminierung“, „Her mit der Quote!“), an die Wirtschaft („Offene Karrierewege“, „Abschied vom Präsenzzwang“, „Einfach mal die Frauen fragen“), Medien („Geschlechtersensible Berichterstattung“) und natürlich die Frauen selbst („Netzwerken“, „Sich wehren macht stark!“).

Domscheit-Berg ist derzeit eine der Galionsfiguren unter den Frauenrechtlerinnen. Sie war Spitzenkandidaten der Piraten, tingelt jetzt durch die (seriösen) Talk-Shows, wenn es um Gleichberechtigung geht. Mit ihrem Buch schafft sie zahlreiche Anreize, ein „altes Problem“ mit neuen Lösungsansätzen aus der Welt zu schaffen.

Roter-Reiter – Fazit: Männer sollten das Buch „Ein bisschen gleich ist nicht genug“ lesen, Frauen natürlich auch – beide haben ihren Anteil an den Missständen. Vor allem aber wendet sich das Buch an die Entscheider in Politik, Wirtschaft und Kultur. Denn die können das Ungleichgewicht öffentlichkeitswirksam korrigieren. Domscheit-Berg liefert viele gute Argumente, warum das sofort passieren kann und soll.

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

Anke Domscheit-Berg: „Ein bisschen gleich ist nicht genug“, Heyne 2015

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