In seinem Buch „Machtwirtschaft – Nein Danke!“ fordert Gerhard Schick ein radikales Umdenken, um den Weg zurück von der „Machtwirtschaft“ zur „sozialen Marktwirtschaft“ zu finden. Einer Wirtschaft, die „dem Gemeinwohl dient“, nicht den Interessen von Spekulanten, Lobbyisten und handverlesenen Großunternehmen. Der Appell richtet sich selbstverständlich an die Politiker in Berlin, an die Eurokraten in Brüssel, die Vorstandschefs der großen Konzerne und die Banker. Aber auch an den Otto-Normalverbraucher, der über sein Konsumverhalten oder auch den Kaufverzicht bei bestimmten Produkten wichtige Impulse setzen kann.

Die Schattenseite des Wachstumsstrebens

Wenn Sie Ihr Wirtschaftswissen vor allem aus den TV-Börsennachrichten oder der Tagespresse haben, werden Sie sich beim Lesen hin und wieder verwundert die Augen reiben. Der Finanzexperte der „Grünen“ stellt manch alte Wirtschaftsregel auf den Kopf und belegt seine kühnen Thesen mit guten Argumenten. Die Gleichung „Wachstum bedeute Wohlstand“ so Schick, geht beispielsweise nicht auf – auch wenn Börsenprediger aus Frankfurt sie unablässig wiederholen. Zum einen kommt Wachstum nur bei einer Minderheit tatsächlich auf dem Konto an. Tatsächlich werden soziale Unterschiede vergrößert. Zum andern ist der Preis für das Wachstum sehr hoch. Das aber wird gerne verschwiegen: „Wachstum korreliert mit Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung. Im „Arbeitsleben wird mehr Stress produziert“.

Bankenkrisen sind Handlungskrisen

Auch bei der Bewertung der Eurokrise wählt der Autor einen anderen Blickwinkel als die konservativen Wirtschaftsexperten, die sich darin einig sind, dass Schuldenbremsen und konjunkturelle Erholung nur dann gelingen können, wenn die „Pleiteländer“ sich aus dem Euroraum zurückziehen.
Gerhard Schick verzichtet erfreulicherweise auf populistische Schuldzuweisungen. Kein erhobener Zeigefinger für Portugal und Spanien. Keine drakonischen Strafen für Griechenland werden gefordert. Und erst Recht keine Euro-Horrorszenarien entworfen, nach denen Deutschland in Kürze auch die wachsende Schuldenlast Frankreichs auffangen müsse. Stattdessen möchte er die zur Rechenschaft ziehen, die tatsächlich für die Schuldenlast verantwortlich sind. Banker, die noch immer nonchalant faule Wertpapiere an Kleinanleger verscherbeln und fette Provisionen kassieren. Rating-Agenturen („in vielen Fällen falsche Prognosen“), die die Krise befeuern. Die „globalisierten Finanzmärkte“, die mafiösen Organisationen beste Voraussetzungen bieten, ihre Gewinne aus illegalen Geschäften zu waschen.“

Wer betrügt, muss zahlen

Für sie alle muss ein Haftungsprinzip gelten und durchgesetzt werden. Selbstverständlich durch den Staat und seine Organe. Zuerst aber muss dafür die Politik ihre Hausaufgaben machen und Gesetzesgrundlagen schaffen. Schick schlägt beispielsweise ein „Unternehmensstrafrecht“ vor, stärkere Regularien für die Banken (inklusive „Notfallpläne“), Neuregelungen bei den Subventionen. Insgesamt stellt der Autor einen umfangreichen Maßnahmenkatalog für eine gerechtere Wirtschaftsordnung zusammen, der vermutlich nicht gleich morgen umgesetzt werden kann, wohl aber schon heute für Zündstoff in Berlin und Brüssel sorgt. Hoffentlich.

Roter Reiter – Fazit: Das freundliche Lächeln von Gerhard Schick auf dem Buchrücken täuscht: „Machtwirtschaft – Nein Danke!“ ist keine sanfte Utopie, sondern die wütende Kampfschrift für eine faire Verteilung von Ressourcen und Chancen. Eine überzeugende Antwort auf die wachstumsverherrlichenden Schriften der neoliberalen Finanzfachleute.

Oliver Ibelshäuser www.roter-reiter.de

Das Buch:
Gerhard Schick: „Machtwirtschaft – nein Danke!“; Campus 2014

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