„Auf die Freundschaft“ ist ein philosophischer Kursus über den Begriff und die Bedeutung von Freundschaft im Spiegel der Zeit. Autorin Ina Schmidt vergleicht die antiken, mittelalterlichen und modernen Definitionen der Vordenker wie Aristoteles und Platon über die Aufklärer wie Kant bis hin zu den aktuellen Querdenkern der digitalen Gesellschaft wie Sascha Lobo, um den Wandel im Freundschaftsbegriff zu verdeutlichen.

Facebook als Sammelalbum

Spannendstes Kapitel ist das über Facebook und Co: Die sozialen Netze als scheinbarer Sammelplatz für Freunde zeigen exemplarisch, wie sich die Vorstellung der Freundschaft im Laufe der Jahrhunderte von einer idealistischen Solidarität zu einer „Nutzbeziehung“ gewandelt hat – mit den Gefahren fundamentaler Missverständnisse: Soziale Medien, so die Autorin, schaffen den Raum der Selbstdarstellung und die Illusion des „Nie-mehr-einsam-Seins“. Mit echten Freunden aber darf das „Panini-Album der jungen Berufseliten“ nicht verwechselt werden. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Soziale Netze sind förderlich und sinnvoll, wenn echte Freundschaften darunter nicht leiden.

Freundschaft als genetische Veranlagung

Schmidt erliegt nicht der Versuchung, soziale Netze als fleischlose Abbilder wertvoller Beziehungen zu verteufeln. Sie beschreibt ohne zu werten, sie wirft stattdessen Fragen auf. „Niemand ist eine Insel“ schreibt sie. Kooperation und Gemeinsamkeit sind im menschlichen Gehirn als Wurzel des sozialen Miteinanders angelegt. Was Individuen daraus machen, ist ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und dem Einfluss des jeweiligen Zeitgeistes unterworfen.

Roter Reiter – Fazit: Nachdenken über Freundschaft ist nicht nur eine Reflexion der eigenen sozialen Beziehungen, sondern bedeutet immer auch, das Selbstbild zu hinterfragen. In ihrem philosophischen Lesebuch „Auf die Freundschaft“ liefert Ina Schmidt dafür wertvolle Anregungen.

Oliver Ibelshäuser www.roter-reiter.de

 

Ina Schmidt: „Auf die Freundschaft“, Ludwig 2014

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