Die beiden Schotten James Watt und Martin Dickie lieben Bier und das nicht erst seit heute. Sie lieben allerdings besonderes Bier, und da es dieses in ihrem Heimatland nicht zu kaufen gab, gründeten sie im Jahr 2007 ihre eigene Brauerei, nannten sie BrewDog und mischten schon bald den britischen Biermarkt auf. Das von ihnen hergestellte Craft Beer – unter Craft Beer versteht man Biere mit eigenem Charakter oder Biere, die sich von der Masse abheben – unterschied sich  von den üblichen Bieren nicht  nur durch seinen ungewöhnlichen Geschmack, sondern auch durch seinen hohen Alkoholgehalt von über 30 Prozent, in der Spitze sogar 55 Prozent Alkoholgehalt. Schnell stellte sich heraus, dass das von Watt und Dickie hergestellte Bier nicht nur den Firmengründern selbst gut schmeckte. Heute ist ihr Unternehmen BrewDog eine weit über die britischen Grenzen hinaus erfolgreiche Brauerei mit eigenen Bars in zahlreichen Metropolen dieser Welt.

„Gründe kein Geschäft, führe einen Feldzug“

Einer der Gründer, James Watt, hat jetzt ein Buch veröffentlicht, in dem er die Grundsätze beschreibt, nach denen er und sein Kumpel James Watt die Firma gegründet und etabliert haben. Das Buch ist genauso ungewöhnlich und unkonventionell wie das Bier, das sie brauen. Schon der Titel „Business für Punks“ zeigt, dass wir es hier nicht mit einem der üblichen Ratgeberbücher für Gründer zu tun haben. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis bestätigt diesen Eindruck. Die Kapitelüberschriften lauten unter anderem:

  • Gründe kein Geschäft, führe einen Feldzug
  • Sei ein selbstsüchtiger Mistkerl und ignoriere Ratschläge
  • Vergeude deine Zeit nicht mit Bullshit-Business-Plänen
  • Sorg dafür, dass man dich hasst
  • Erst handeln, dann denken
  • Netzwerken ist was für Idioten
  • Vernünftig sein ist was für anspruchslose Weicheier

In diesem Stile (PUNK!) geht es im Lauftext weiter. Ein paar Beispiel gefällig? Bitte schön. Über Motivationsredner sagt Watt: „Das sind alles nutzlose, geldgierige Scharlatane. Man sollte sie verbrennen wie Hexen.“ Marktlücken sind ebenfalls etwas, was Watt nicht mag: „Falls dir irgendjemand sagt, du sollst nach einer Marktlücke Ausschau halten, dann jag ihn zum Teufel. Ich habe keinen blassen Schimmer, warum jemand so etwas Dämliches tun sollte. Diese eingebildete Lücke (…) ist der schnellste Weg ins Aus.“  Netzwerken hält er ebenfalls für total überflüssig. O-Ton Watt: „Netzwerken ist wirklich was für Idioten., berauscht von der Illusion ihrer eigenen Bedeutsamkeit. Sie füttern ihre zerbrechlichen Egos mit lauwarmen Canapés, billigem Champagner und Schulterklopfen ihrer Idiotenkollegen.“ So geht es munter weiter über insgesamt rund 250 Seiten. Punk halt.

„Aus Fehlern zu lernen ist was für Loser!“

Watts Buch unterscheidet sich nicht nur durch seine markige Sprache von den üblichen Ratgeberbüchern. Auch inhaltlich wirft er so manche Regel auf den Scheiterhaufen. Verkaufen zum Beispiel hält er für überflüssig. Zumindest am Anfang. Zuerst, schreibt er, kommt es darauf an, ein wirklich erstklassiges, einzigartiges Produkt oder eine Dienstleistung zu kreieren: „Du musst dich darauf konzentrieren, etwas wirklich Beachtliches zu machen, etwas Tolles, etwas, das die Leute verzweifelt haben wollen.“ Dann kommen die Kunden schon von selbst. Oder die Sache mit Fehlern, aus denen man lernen soll. Quatsch mit Soße, sagt Watt: „Aus Fehlern zu lernen ist was für Loser! Trost in der Tatsache zu finden, dass Fehler dich manchmal etwas lehren, ist jene dämliche Logik, die von geringeren Sterblichen verwendet wird, um damit ihre eigenen Unzulänglichkeiten zu rechtfertigen.“ Peng, das sitzt.

Wenn Sie jetzt den Eindruck gewonnen haben, das Buch von James Watt sei eine einzige Provokation, dann kann ich Sie beruhigen (oder enttäuschen, je nachdem). Sehr, sehr Vieles von dem, was der Punk Watt sagt, steht auch in anderen „un-punkigen“, bürgerlich-seriösen Büchern für Gründer. Nur eben nicht so bissig, so lautstark und, ja, auch das, so lustig. Ich jedenfalls habe mich bei der Lektüre wirklich sehr gut unterhalten gefühlt. Und man muss ja nicht alles gut und richtig finden, was Watt schreibt. Denn wie sagt er selbst: „Ignoriere Ratschläge!“

Roter-Reiter-Fazit: Ein brutal starkes Buch! Sprachlich wie inhaltlich ein Kontrapunkt zur üblichen Ratgeberliteratur für Gründer. Man muss nicht jede Meinung teilen, um Freude an diesem Buch zu haben. Und eins steht zudem fest: Dümmer wird man durch die Lektüre ebenfalls nicht. Im Gegenteil. Daher: Volle Punktzahl.

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

James Watt:  Business für Punks. Brich alle Regeln! Redline, 256 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 3868816429

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