Dass in der Wirtschaft mit harten Bandagen gekämpft wird, ist nichts Neues. Es geht ja auch im viel, vor allem um viel Geld. Aber es geht auch um Macht, um Dominanz, um Ruhm, Prestige, kurz: um´s Ego. Das war schon immer so, und wer in der Wirtschaft etwas erreichen wollte, wer Erfolg haben wollte, wer auf der Karriereleiter nach oben klettern wollte, der musste schon immer nicht nur hart arbeiten, über eine sehr hohe Kompetenz verfügen, gut vernetzt sein und den immer kälteren Wind aushalten können. Er musste auch kommunikativ in der Lage sein, seine Positionen gegen Widerstände durchzusetzen. Das alles ist nicht neu. Neu allerdings ist, dass dieser raue Umgangston immer weiter um sich greift – auch über die Wirtschaft hinaus – und jeder, der sich in dieser Situation nicht zu wehren weiß, von seinem Gesprächspartner gnadenlos untergebuttert wird. Wer nicht gegenhalten kann, wird zum Opfer.

Umgang mit Psychopathen und Narzissten

Gefördert wird diese negative Entwicklung dadurch, dass in den Unternehmen und Behörden immer mehr „psychopathisch und narzisstisch veranlagte Menschen“ sowie „Egomanen und Choleriker“ nach oben gespült werden, schreibt der Psychologe Marc-Stephan Daniel in seinem neuen Buch „Tough Talk. Die rhetorischen Spielregeln zum Überleben im Haifischbecken“. Daniel hat in der Wirtschaft eine „dramatische Verschlechterung der Gesprächskultur“ festgestellt., „Was einmal die Ausnahme war“, schreibt er, „nämlich andere eiskalt über den Tisch zu ziehen, ist fast schon die Regel geworden“. Mit seinem Buch will Daniel den Menschen helfen, die bisher der „Kampfkommunikation“ ihrer Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden hilflos ausgesetzt waren. Frei nach dem alten Sponti-Spruch: Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt.

Der Schlüssel zum Erfolg besteht in einem „professionellen Dialogmanagement“. Ziel dieses Dialogmanagements ist, die „Steuerungshoheit über die Gesprächsführung niemals aus der Hand zu geben“. Wer im „Kampf“ mit seinem Gegner bestehen will, der muss nicht nur erkennen, mit welchen rhetorischen Waffen sein Kontrahent gegen ihn vorgeht, sondern er muss diese Waffen ebenfalls perfekt beherrschen. Viele Menschen, schreibt Daniel, haben nur ein einziges sprachliches Verhaltensmuster, in dem sie sich wohl fühlen. Bei den meisten ist es das so genannte „defensive Reaktionsmuster, das auf Harmonie und Verständigung setzt. Im Prinzip eine gute Sache, aber ein stumpfes Schwert, wenn man es mit einem harten oder gar unfairen Gegenüber zu tun hat. Auch das „kooperative Standardreaktionsmuster“ hat seine Stärken, stößt in schwierigen Gesprächs- und Verhandlungssituationen aber ebenfalls an seine Grenzen. Hier hilft nur noch als ultima ratio das „offensiv-eskalative Standardreaktionsmuster“. Auf dieser Ebene geht es nicht mehr um Verständigung, sondern nur noch um Dominanz bzw. darum, sein Gegenüber in seine Schranken zu verweisen.

Dialogmanagement muss „in Fleisch und Blut“ übergehen

Daniel stellt die drei unterschiedlichen Verhaltensvarianten detailliert vor und erläutert sie an nachvollziehbaren Beispielen und Dialogmustern. Beispielsweise analysiert und bewertet er eine Gesprächssituation zwischen dem TV-Moderator Michel Friedmann und dem AfD-Gründer Bernd Lucke. Friedmann attackiert in dieser Sendung seinen „Gesprächspartner“ Lucke rhetorisch ungemein aggressiv und unfair, Lucke hingegen verharrt  völlig wehrlos in seinem defensiven bzw. kooperativen Verhaltensmuster und schafft es nicht einmal ansatzweise, Friedmann Paroli zu bieten. Dieses „Gespräch“ kann man sich hier ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=xv9f5gSXlwg

Damit es einem im betrieblichen Alltag nicht so ergeht wie dem ehemaligen AfD-Politiker Lucke in der Friedmann-Sendung, ist es wichtig, dass einem alle drei rhetorischen Reaktionsmuster „in Fleisch und Blut“ übergehen, so dass man in einer konkreten Gesprächs- und Verhandlungssituation „sehr dynamisch zwischen diesen drei alternativen Reaktionsmustern hin- und herwechseln“ kann. Natürlich, warnt Daniel, muss man sich im Klaren darüber sein, ob man es sich auch leisten kann, sein Gegenüber hart rannehmen zu können. Hier spielen auch Hierarchiefragen eine Rolle. Es kann nicht das Ziel sein, seinen Kontrahenten zwar erfolgreich Paroli zu bieten, sich gleichzeitig aber um Kopf und Kragen zu reden. Daniel bietet immer wieder Szenarien an, wie man dem anderen in einer zugespitzen Gesprächssituation die Hand reicht, um den Situation zu deeskalieren und zu einem konstruktiven Dialog zu finden.

Roter-Reiter-Fazit: Ein sehr hilfreiches Buch, das zweierlei leistet: Zum einen öffnet es einem die Augen, um selbst zu erkennen, warum man in schwierigen Gesprächs- und Verhandlungssituationen immer wieder von anderen untergebuttert wird. Und zum anderen zeigt es, mit welchen Gegenstrategien und Taktiken es gelingt, sich gegen solche „Gegner“ zu wehren und sich Respekt zu verschaffen.

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

Marc-Stephan Daniel: Tough Talk. Die rhetorischen Spielregeln zum Überleben im Haifischbecken. Wiley. 200 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 3527508848

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