Ein paar Stunden Internet pro Tag sind Pflichtprogramm – in den meisten Berufen ohnehin und mittlerweile auch für viele Schüler, die den Unterricht für den nächsten Morgen vorbereiten. Die meisten Nutzer sind froh, wenn Sie abends die Kiste ausmachen können. Andere werden dann aber erst richtig aktiv. Facebook, Online-Rollenspiele, Chatforen bilden das Nachtprogramm. Um diese Personen geht es vorrangig, wenn Bert te Wildt unaufgeregt analytisch „die neue Sucht des 21. Jahrhunderts“ erklärt: ihre Ursachen, Erkennungszeichen und Therapieformen.

Internetabhängigkeit ist eine Suchterkrankung wie Alkoholismus

Te Wildt berichtet fallstudienartig aus eigenen Erfahrungen. Im Jahr 2002 gründete der Autor an der Medizinischen Hochschule Hannover die „Sprechstunde für Menschen mit medienassoziierten psychischen Erkrankungen“. Schon bald stellt sich heraus, dass „Internetabhängigkeit ein eigenständiges Krankheitsbild im Sinne einer Suchterkrankung“ ist. Die Gemeinsamkeiten mit anderen Suchterkrankungen wie Alkoholismus sind größer als die Unterschiede.

Diagnose und Therapie

Der Autor arbeitet detailliert heraus, wie Sie bei sich oder anderen – zum Beispiel Ihren Kindern – eine Suchttendenz erkennen („erfolglose Versuche, den Internetgebrauch zu kontrollieren, einzuschränken oder zu stoppen“.) Nicht nur die am PC Zeit verbrachte Zeit spielt dabei eine Rolle. Auch die Verdrängungsimpulse geben klare Hinweise, denn für Betroffene ist „der Internetgebrauch ein Weg, Problemen auszuweichen und dysphorische Stimmungen zu erleichtern“. Nach der Diagnose kommt die Therapie, in die der Erkrankte zunächst einwilligen muss. Das ist nicht immer einfach. Denn die „vollständiger Abstinenz“ führt zu ähnlichen Entzugsängsten und -erscheinungen wie bei einem Heroin-Junkie, der den nächsten Schuss nicht erwarten kann. Te Wildt schildert aus eigener Erfahrung, wie der therapeutische Mix aus psychischen, körperlichen (Ernährung, Bewegung!) und sozialen Maßnahmen (Freundschaften wieder aufbauen!) aussehen muss, um den Kranken aus der Cyber-Falle zu befreien und bestenfalls ein unbedenkliches Nutzungsverhalten am PC wieder zu ermöglichen.

Roter Reiter – Fazit: Internetsucht wird jetzt nicht mehr belächelt oder tabuisiert! In „Digital Junkies“ rückt Autor und Therapeut Bert te Wildt die Dimensionen einer unterschätzen Krankheit gerade und erklärt die Fakten hinter der Sucht, die vor allem (aber nicht nur) unter Kindern und Jugendlichen immer mehr Opfer findet. Wichtiges Buch auch für besorgte Eltern, Pädagogen und Therapeuten.

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

 

Bert te Wildt: „Digital Junkies“; Droemer 2015

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