Die Akte Olympus

Donnerstag, Juli 24, 2014 Businesstrends

Der japanische Technologiekonzern Olympus (Digitalkameras, medizinische Hightech-Lösungen) wurde im Jahr 2011 von einem Finanzskandal in der Stärke eines schweren Erdbebens erschüttert. Auslöser und Chronist des Milliarden-Skandals war der Brite Michael Woodford, ehemaliger CEO und Vorstandsvorsitzender von Olympus. Erst kurz zuvor angetreten, um das Traditionsunternehmen zu sanieren und verlorene Märkte zurückzugewinnen, erfährt er fast beiläufig von den faulen Deals, von horrenden Zahlungen an Scheinfirmen und fragwürdigen Abmachungen, die Olympus sogar in die Nähe der japanischen Mafia rückt.

Chronik eines Finanzskandals

Woodford fordert Aufklärung von den eigenen Kollegen zum Kauf der „Mickey Maus-Unternehmen“, zu denen eine Firma für Gesichtscremes und eine für Mikrowellengerichte gehört. Statt Antworten erhält er die Kündigung. Fluchtartig verlässt er Japan und packt aus. Bereitwillig gibt er TV-Sendern und der Finanzpresse Interviews, informiert das FBI und bringt damit den Ball für Verleumdungen, gegenseitige Beschuldigungen und Bedrohungen ins Rollen. Denn die Verantwortlichen bei Olympus schlagen zurück und versuchen mit allen Mitteln den „Whistleblower“ zum Schweigen zu bringen.

Chronik eines Finanzskandals

Der Autor zeichnet in seinem Buch „Enthüllung“ die Wochen vor und nach seiner Entlassung bei Olympus akribisch nach. Fast im Tagebuchstil berichtet er über Meetings, geheime Absprachen, Interviews. Er veröffentlicht vertrauliche Dokumente und sensible E-Mails im Originalwortlaut. Neben allen wirtschaftlichen Fakten gibt Woordford auch den Blick auf sein Seelenleben frei, seinen engagierten Kampf für die Gerechtigkeit („gut“ gegen „böse“) und seine Ängste nach der Veröffentlichung aller Dokumente („Einsam und von den anderen isoliert, man wird zur Insel“).

Erstklassiger Wirtschaftsthriller

In der Summe ergeben diese Zutaten einen kraftvollen, atmosphärisch dichten Wirtschaftsthriller, der eine Extra-Portion Spannung aus der authentischen Ich-Perspektive hinzugewinnt. Woodford ist ein brillanter Erzähler. Dass er sein Buch nicht nur nutzt, um die Weltöffentlichkeit über die Hintergründe des Betrugs zu informieren, sondern auch, um nebenbei mit alten Weggefährten(„eitel, inkompetent“) abzurechnen, sei ihm verziehen. An einigen Stellen verlieren die auf „extrem edel“ oder aber „extrem fies“ zugespitzten Figuren allerdings an Glaubwürdigkeit.

Roter-Reiter – Fazit: „Enthüllung“ ist ein unglaublich fesselnder Thriller, den Sie nicht mehr aus der Hand legen werden, wenn Sie die ersten Seiten gelesen haben. Klare Empfehlung!

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

 

Zum Buch: Michael Woodford: „Enthüllung“, Wiley 2014