Kriminalpsychologe Jens Hoffmann bedient mit seinem Buch „Menschen entschlüsseln“ ein absolutes Hype-Thema. Lügen erkennen, Manipulationen aufdecken, hinter die geheime Fassade anderer Menschen schauen – das wird in dem Buch selbstverständlich (auch) angesprochen. Hoffmann fliegt aber weit über dem Radar von den Reality-Shows auf RTL II. Dem Autor ist es wichtig, die Arbeit der Kriminologen, ihre Werkzeuge und ihr Wissen realitätsnah und unaufgeregt zu schildern. Das gelingt ganz hervorragend. Und Spannung kommt beim Lesen schon deswegen auf, weil Hoffmann zahlreiche spektakuläre Kriminalfälle zitiert, dann aber auch wieder die Brücke zu Alltagserkenntnissen im Büro oder der eigenen Familie schlägt.

15 Charaktere – zwei davon prägen auch Sie

Im Zentrum seiner psychologischen Studien stehen die Persönlichkeitsstile, die in veränderlichen Gewichtsanteilen jeden von uns prägen. In der Regel sind zwei „der 15 Charaktere“ bei jedem Menschen dominant. Diese beiden Muster im Verhalten der Mitmenschen zu identifizieren, ist enorm hilfreich, um Kollegen, Freunde, den eigenen Partner und nicht zuletzt sich selbst besser verstehen zu können. Mit seinen Erläuterungen zum Wesen des „Psychopathen“, der „anhänglichen Persönlichkeit“ oder der „dramatischen Persönlichkeit“ legt Hoffman die dunkle, unbekannte Seite im Denken und Fühlen der Menschen offen, ohne zu werten. Denn Psychopathen sollten nicht unweigerlich mit kaltblütigen Mördern gleichgesetzt werden. Sie sind ebenfalls klassische Helden, unerschrockene, furchtlose Krieger, die in Vorzeiten mit ihrem Mut allein die ganze Sippe gegen Räuber und Säbelzahntiger verteidigt haben.

Wer den Narzissten provoziert, zahlt dafür ein halbes Leben

Das Buch ist aufschlussreich und nützlich, weil der Autor immer wieder szenarisch beschreibt, wie sich bestimmte Wesenszüge in idealtypischen Verhaltensweisen offenbaren: Wiederkennungswert beim Nachbarn oder auch dem Spiegelbild garantiert. Zudem gibt er klare Hinweise, wie Sie mit Leuten umgehen, die so ganz anders ticken. Narzissten sind „ungemein kränkbar“ und „nachtragend“. Verzichten Sie auf Sticheleien oder Provokationen – auch wenn es humorvoll gemeint ist. Denn mit Humor können Narzissten emotionale Kratzer nicht bandagieren. Nur mit Rachegedanken überdecken.

Wenn Sie selber Chef sind und immer wieder von bestimmten Mitarbeitern hängengelassen werden, haben Sie es vermutlich mit einer „passiv-aggressiven Persönlichkeit“ zu tun. Die hat ein Problem mit Autoritäten. Strafe androhen bringt hier gar nichts. Versuchen Sie besser, die positiven Ansätze zu verstärken und selbst kleine Erfolge zu loben.

Roter Reiter – Fazit: Ein spannender Ausflug in die Persönlichkeitspsychologie und die alltäglich Arbeit der Kriminologen. Sie lernen Ihre Mitmenschen besser einzuschätzen und in Konflikten angemessen zu reagieren. Und fast beiläufig lernen Sie auch die bislang unbekannten Facetten des eigenen Charakters kennen.

Oliver Ibelshäuser, www.Roter-Reiter.de

 

Jens Hoffmann: „Menschen entschlüsseln“, mvg verlag 2015

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