Michael Hartmann ist Soziologe und der bekannteste Elitenforscher Deutschlands. Von ihm stammen Bücher wie „Der Mythos von den Leistungseliten“ (erschienen 2002), „Eliten und Macht in Europa“ (2007) sowie „Soziale Ungleichheit. Kein Thema für die Eliten?“ (2013). In seinem neuesten Werk setzt sich der emeritierte Professor mit den Wirtschaftsbossen und Reichen dieser Welt auseinander und geht der Frage nach, ob es, wie manche meinen, tatsächlich einen Zirkel von global agierenden Wirtschaftsbossen und Schwerreichen gibt, die sich gegenseitig Jobs und Aufträge zuschustern und die Politik zu ihrem Vorteil beeinflussen und manipulieren. „Die globale Wirtschaftselite“ lautet der Titel des Buches von Hartmann, und schon der Untertitel verrät das Ergebnis von Hartmanns luzider wissenschaftlicher Arbeit und der akribischen Analyse tausender von Daten: „Eine Legende“!

Big Data: Zahlen, Daten und Fakten im Überfluss

In der Tat läuft das Buch vor lauter Zahlen, Daten und Fakten beinahe über. Nach einem knappen Überblick über den Stand der Diskussion werden im Hauptteil des Buches alle entscheidenden Teilgruppen der Wirtschaftselite analysiert. Zunächst beleuchtet Hartmann die CEOs (Vorstandsvorsitzende) der tausend (!) größten Unternehmen der Welt sowie in einem zeitlichen Vergleich über zwei Jahrzehnte die CEOs der hundert größten Unternehmen der sechs führenden Wirtschaftsmächte der Welt. Anschließend nimmt Hartmann die Boards bzw. Aufsichtsräte dieser Unternehmen unter die Lupe, speziell ihre Vorsitzenden, auch hier wieder mit einem Zeitvergleich über die letzten zwanzig Jahre. Danach kommen die tausend reichsten Menschen der Welt an die Reihe, ihre Wohnsitze, ihre Steuervermeidungsstrategien und ihre geschäftlichen Aktivitäten. Schließlich befasst sich Hartmann noch mit den exklusiven Ausbildungseinrichtungen dieser Welt, den Elite-Universitäten und Business Schools, und geht der Frage nach, ob sie wirklich, wie oft behauptet, die Brutstätten einer globalen Wirtschaftselite darstellen.

Weit und breit keine globale Wirtschaftselite zu sehen

Dazu hat Hartmann eine Unmenge an Datenmaterial zusammengetragen. Man muss ihm vor allem dafür Respekt zollen, dass es ihm gelungen ist, diese “Big Data“ in eine lesbare – und lesenwerte – Form zu bringen. Sicherlich ist das Buch für die meisten keine Kopfkissenlektüre kurz vorm Einschlafen, aber Hartmann hat die Gratwanderung zwischen wissenschaftlicher Exaktheit und Verständlichkeit für ein möglichst breites Publikum auch in diesem Buch wieder ganz gut gemeistert. Vor allem solche Leser, die sich beispielsweise für die jährlich wiederkehrenden Ranglisten der reichsten Menschen etwa im manager-magazin interessieren, dürften an Hartmanns Buch ihre Freude haben.

Und, gibt es sie denn nun, diese globale Wirtschaftselite? „Nein!“, so das Resümee Hartmanns am Ende des Buches, „es gibt keine globale Wirtschaftselite und es wird auf absehbare Zeit auch keine geben.“ So, und nachdem dies nun feststeht, können wir darüber diskutieren, ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht ist.

Roter-Reiter-Fazit: In seinem neuen Buch räumt Michael Hartmann mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf: Es gibt sie nicht, die globale Wirtschaftselite, jenen Zirkel schwerreicher Männer und Frauen, welche im Hintergrund die Fäden ziehen und unseren Politikern sagen, wo es langgehen soll. Das zu zeigen und mit Fakten zu untermauern – und dieses auch noch auf verständliche Art und Weise -, ist ein großes Verdienst von Michael Hartmann.

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

Michael Hartmann: Die globale Wirtschaftselite. Eine Legende. Campus, 246 Seiten, 24,95 Euro, ISBN: 3593506106

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