Schon seit einigen Jahren tobt in der Wirtschaft weltweit der „War for Talents“. Wie finden und entwickeln wir die Leistungsträger, die wir brauchen, um auch morgen noch erfolgreich zu sein? Das fragen sich Firmenchefs und Personalmanager rund um den Globus.Gerne und oft wird dann ein Blick über den Zaun riskiert, nämlich in den Bereich, der wie kein anderer vom Leistungsprinzip bestimmt wird: in den Spitzensport. So gibt es auch kaum eine Unternehmensveranstaltung mehr, in dem nicht ein ehemaliger Olympiasieger oder Weltmeister dem staunenden Publikum darlegt, welche Anstrengungen und Qualen es ihn über viele Jahre gekostet hat, bis er endlich dort angekommen war, wo hinwollte: ganz oben.

Talent wird überbewertet

Es geht weniger um Talent – sowohl im Sport als auch in der Wirtschaft. Es geht um die Bereitschaft, nein, um den unbedingten Willen, sich anzustrengen, sich zu quälen, um dann, irgendwann nach Jahren, mit einer Spitzenleistung belohnt zu werden. Talent wird überbewertet, manchmal steht es einem sogar im Weg und verhindert den Erfolg. Spitzenleistungen sind in den allermeisten Fällen nicht das Ergebnis von Talent, sondern von harter Arbeit und dem kompromisslosen Ehrgeiz, es ganz nach oben zu schaffen. Das behauptet zumindest Rasmus Ankersen in seinem überaus lesenswerten Buch „Der Goldminen-Effekt“. Für dieses Buch hat Ankersen umfangreiche Recherchen angestellt und ist über den ganzen Globus gereist, um in den „Goldminen“ nach den Grundlagen des Erfolgs zu schürfen.

Konkret hat er sieben „Goldminen“ besucht. Darunter versteht er Orte oder Regionen, aus denen auffällig viele erfolgreiche Sportler kommen. Diese Orte und Regionen sind zum Beispiel Kingston auf Jamaika, von woher viele der weltbesten Sprinter der Leichtathletik kommen. Oder zwei kleine und abgelegene Nester in Äthiopien und Kenia, die einen Weltklasseläufer nach dem anderen zu den internationalen Sportfesten schicken. Oder Südkorea, mit Abstand führendes Land der Spitzengolferinnen. Gleiches gilt für Russland im Bereich des Frauen-Tennis. Und natürlich Brasilien, das Land des mit den weltweit besten Fußballspielern. Warum ist das so? Was passiert in diesen Goldminen? Was wird dort anders gemacht als in anderen Teilen der Erde, wo ebenfalls gelaufen, Tennis, Golf und Fußball gespielt und trainiert wird?

Ohne Fleiß kein Preis – so banal ist das

Das ist die Frage, mit der sich dieses Buch beschäftigt. Und die wichtigste Aussage lautet: Worauf es bei der Erzielung von Spitzenleistung am wenigsten ankommt, ist Talent. Natürlich ist Talent ein Plus, genauso wie bestimmte körperliche Voraussetzungen. Aber viel wichtiger als Talent ist die Bereitschaft, sich zu quälen, und das über viele Jahre hinaus. „Ohne Fleiß kein Preis“, heißt ja das deutsche Sprichwort, und ein anderer Spruch lautet: „Qualität kommt von Qual“. Das ist die absolute Grundbedingung, die „conditio sine qua non“, wer nicht bereit und in der Lage ist, sich tagaus, tagein für den Erfolg zu quälen, wird den Erfolg nicht ernten. Anhand zahlreicher konkreter Beispiele von Spitzensportlern zeigt Ankersen, was dieses Prinzip in der alltäglichen Praxis der Athleten bedeutet.

Neben der Anstrengungsbereitschaft nennt Ankersen weitere Prinzipien, die für den Erfolg bzw. die Spitzenleistung essentiell sind. Dazu zählen zum Beispiel der eiserne Wille, es zu schaffen, auch „Biss“ genannt. Vorbilder spielen auch eine wichtige Rolle. Für heftige Diskussionen dürfte das Kapitel in dem Buch sorgen, in dem Ankersen die Rolle der Eltern beleuchtet. Nach dem Motto „Wer nicht fordert, der nicht fördert“ ruft Ankersen die Eltern dazu auf, ihre Sprösslinge schon frühzeitig und durchaus mit Druck zum Trainieren zu „motivieren“ und nicht aus falsch verstandener Fürsorge in Watte zu packen. Die Beispiele von Eltern aus Südkorea und Russland, die Ankersen anführt, mögen den einen oder anderen Leser vielleicht abschrecken, aber sie zeigen, mit welcher Kompromisslosigkeit andernorts vorgegangen wird. Ob man dies seinem eigenen Kind ebenfalls „antun“ will, muss man natürlich selbst entscheiden, aber Ankersen bringt ein paar gute Argumente, warum man auch im Sinne des Kindes hier nicht so zimperlich sein sollte.

Roter-Reiter-Fazit: Ein tolles, anregendes und lehrreiches Buch für Sportler, Trainer (nicht nur im Sport), Eltern und alle, die sich für das Thema Spitzenleistung interessieren.

Damian Sicking, www.Roter-Reiter.de

Rasmus Ankersen: Der Goldminen-Effekt. Vom Talent zum Star: 8 Prinzipien für nachhaltigen Erfolg. Plassen-Verlag, 247 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 3864703905

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